Jump to content
Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Geothermie - Nutzung der Erdwärme

Nutzung der Erdwärme für eine nachhaltige Energiezukunft

Was ist Geothermie ?

Geothermie macht sich die in der Erdkruste gespeicherte Wärmeenergie zunutze, die durch zwei wesentliche Prozesse entsteht: die verbleibende Wärme aus der Entstehung der Erde und die fortlaufende Wärmeproduktion durch radioaktiven Zerfall.

Die Nutzung von Geothermie gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sie eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen bietet. Sie spielt zudem eine wesentliche Rolle im globalen Wandel und in der Wärmewende. Erdwärme ist ein erneuerbares Energiesystem, welches in den Bereichen der Wärme- und Kälteversorgung sowie in der Stromproduktion und Wärmeeinspeicherung genutzt wird und darüber hinaus zur Kohlenstoffdioxidreduktion (CO2) beiträgt.

Wie funktioniert Geothermie?

Erdwärme basiert auf der Nutzung des natürlichen Temperaturunterschieds zwischen der Erdoberfläche und den tieferen Erdschichten. Die Erde hat einen heißen Kern, der von flüssigem und festem Gestein umgeben ist. Dieser Kern erzeugt kontinuierlich Wärme, die durch die Erdkruste nach außen strömt.

Die geothermische Technologie macht sich diesen Wärmefluss zunutze, indem sie geothermische Systeme verwendet, um die Wärme aus der Erde zu extrahieren. Dies geschieht beispielsweise durch den Einsatz von Bohrungen, um Zugang zu heißen Gesteins- oder Wasserschichten zu erhalten, die tief unter der Erdoberfläche liegen. Je nach Tiefe und Temperatur können unterschiedliche Technologien zur Wärme- oder Stromerzeugung eingesetzt werden.

  • Geothermischer Gradient: Im Untergrund herrscht der geothermische Gradient, der den Anstieg der Temperatur mit der Bodentiefe beschreibt. Dabei kann angenommen werden, dass die Tiefentemperatur der Erde in Mitteleuropa alle 100 m um ca. 3 °C steigt. Dieser Gradient bildet die Grundlage für die Nutzung der Geothermie. Geothermischer Wärmefluss: Durch das Temperaturgefälle zwischen Erdoberfläche und dem Erdinneren wird Wärme aus der Tiefe nach oben transportiert.
  • Wärmeübertragungsmechanismen: Systeme wie Erdwärmesonden oder geothermische Kraftwerke nutzen Wasser oder andere Flüssigkeiten, um die Wärme an die Oberfläche zu transportieren.

Nutzung von Geothermie

Arten und Anwendungen

Klassifizierung nach Tiefe

Geothermische Systeme können unterschiedlich klassifiziert werden. Eine gebräuchlich Einteilung in Österreich unterscheidet nach der Tiefe der niedergebrachten Bohrungen in oberflächennahe (bis 300m) und tiefe Geothermie (größer 300 m).

Oberflächennahe Geothermie

Die oberflächennahe Geothermie nutzt die konstante Temperatur in den oberen Erdschichten. Sie wird hauptsächlich zum Heizen und Kühlen in Gebäuden eingesetzt. Systeme wie Erdwärmesonden oder Erdwärmekollektoren sowie Brunnenanlagen mit Grundwasserwärmepumpen spielen hier eine entscheidende Rolle.

Sowohl bei Erdwärmesonden wie auch bei Kollektoren wird ein Fluid (meist ein Wasser/Glykol Gemisch) durch ein geschlossenes Rohrsystem im Untergrund gepumpt und so die Wärme- bzw. Kühlenergie des Untergrundes auf das Medium übertragen. Zurück an der Oberfläche wird dem Medium mit Hilfe von Wärmepumpen die zuvor aufgenommene Energie wieder entzogen und für die Beheizung oder Kühlung von Gebäuden genutzt.

Tiefe Geothermie

Bei der tiefen Geothermie werden Quellen genutzt, die mehrere hundert bis tausend Meter unter der Erdoberfläche liegen. Die Unterscheidung der tiefen geothermischen Systeme kann grundsätzlich in zwei Erdwärmenutzungssysteme erfolgen. Zum einen ist das die Hydrothermale Geothermie, die aus unterirdisch gelegenen thermalen Quellen Wärme bezieht und zum anderen die Petrothermale Geothermie, die sich in Hot-Dry-Rock Systeme und geschlossene tiefe Wärmetauschersysteme (Erdwärmesonden) unterteilt. Wesentliche Unterscheidungen zwischen den zwei Systemen liegen somit in den naturgemäß vorkommenden hydrologischen (Thermalwässer aus Aquiferen) und geologischen (Wärme im Gestein) Gegebenheiten. Hier sind die Temperaturen erheblich höher, was zudem die Erzeugung und Nutzung von Elektrizität ermöglicht. Tiefe Geothermiekraftwerke nutzen oft heißes Wasser oder Dampf, der direkt zur Stromerzeugung verwendet wird.

Aufgrund des großen Volumens und der thermischen Trägheit der Erde eignet sich Geothermie auch bestens für die mittel- und langfristige Speicherung von Wärme. Mit Hilfe der heutigen Methoden umfasst geothermische Wärmespeicherung den Temperaturbereich von unter 10°C (Kälte) bis ca. 90°C. Es kann einerseits Abwärme aus Industrieprozessen oder Überschusswärme aus der Fernwärme über längere Zeiträume gespeichert werden.

Temperaturbasierte Kategorien

Eine gebräuchliche Klassifizierung nach der Art der Nutzung in Mitteleuropa unterscheidet:

  • weniger als 30°C: Niedertemperatur – Heizen mit Wärmepumpe und direktes Geocooling
  • 90°C Mitteltemperatur – direktes Heizen, Balneologie
  • mehr als 90°C Hochtemperatur – Fernwärme und elektrische Energie

Niedertemperatur-Geothermie

Niedrigtemperatursysteme arbeiten meist mit Temperaturen unter 30°C . Sie eignen sich hervorragend für Anwendungen wie die Beheizung von Wohngebäuden, Gewächshäusern oder Schwimmbädern mit Hilfe von Wärmepumpen. Diese Systeme sind kostengünstig und einfach zu installieren, was sie ideal für lokale Energieprojekte macht.

Mitteltemperatur-Geothermie

Temperaturen zwischen 30  und ca. 90 °C werden häufig für niedertemperierte industrielle Prozesse oder zur Erzeugung von Elektrizität in speziellen Kraftwerken genutzt. Diese Art der Geothermie ist weniger verbreitet, hat aber ein hohes Potenzial, insbesondere in industriellen Anwendungen.

Hochtemperatur-Geothermie

Bei Temperaturen von > 90 °C kann die verfügbare geothermische Energie auch für binäre Verstromungsprozesse bzw. elektrischen Strom angewandt werden. Solche Systeme sind besonders in Regionen mit aktiver geologischer Aktivität zu finden.

Vorteile der Geothermie

Nachhaltigkeit und erneuerbare Eigenschaften

Der Erdwärme wird im Vergleich zu weiteren nachhaltigen Energieträgern ein besonderer Status zugeschrieben, weil sie so gut wie überall verfügbar ist und wiedergewonnen werden kann. Außerdem verfügt Erdwärme über eine dauerhafte Bereitstellung und ist für den Bedarf an Wärmeenergie sowie Strom immer zugänglich. Somit ist sie eine umweltverträgliche Energiequelle, die oberirdisch nur wenig Platz einnimmt. Der Einsatz von Erdwärme hat den Vorteil frei von geopolitischen Einflüssen zu sein und trägt außerdem dazu bei, bewusst mit dieser Ressource umzugehen.

Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit

Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieformen ist die Erdwärme in Europa leider immer noch eine Nischentechnologie, obwohl zahlreiche Vorteile für einen stärkeren Ausbau sprechen! Das größte Alleinstellungsmerkmal der Geothermie im Vergleich zu anderen Energieformen wie Wind-, Solarenergie oder Wasserkraft liegt in der stetigen Verfügbarkeit. Unabhängig von jahreszeitlichen, klimatischen Schwankungen oder Tageszeiten liefert die Geothermie ganzjährig Energie.

Umweltvorteile

Geothermie hat eine äußerst geringe CO₂-Bilanz, insbesondere im Vergleich zu fossilen Brennstoffen. Die meisten geothermischen Systeme benötigen wenig Landfläche und haben nur minimale Auswirkungen auf die lokale Umwelt  Zudem ist sie eine grundlastfähige Energieform und einer der saubersten Energiequellen, die als zuverlässiger emissionsfreier Energielieferant die Dekarbonisierung unterstützt.

Herausforderungen bei der Nutzung von Erdwärme

Kosten für Erkundung und Entwicklung

Eines der größten Hindernisse bei der Nutzung der Geothermie sind die hohen Anfangsinvestitionen. Die Erkundung geeigneter Standorte erfordert umfangreiche geologische Untersuchungen, einschließlich Bohrungen und seismischer Tests, die äußerst kostenintensiv sind.

Die Entwicklung geothermischer Anlagen, insbesondere für die tiefe Geothermie, kann mehrere Millionen Euro kosten, bevor überhaupt mit der Energiegewinnung begonnen werden kann. Diese hohen Kosten schrecken potenzielle Investoren häufig ab, obwohl sich die Betriebskosten nach der Inbetriebnahme in der Regel als sehr gering erweisen.

Technologische Herausforderungen

Die Technologie zur Nutzung von Geothermie ist zwar fortschrittlich, aber immer noch mit Hürden verbunden. Beispielsweise erfordert die Erschließung von tiefen geothermischen Ressourcen hochspezialisierte Bohrtechniken und Materialien, die extremen Temperaturen und Drücken standhalten können.

 

Die Zukunft der Geothermie

Innovationen und Forschung

Die Zukunft der Geothermie sieht vielversprechend aus, da kontinuierlich in Forschung und Entwicklung investiert wird. Fortschritte in der Bohrtechnologie, wie etwa die Entwicklung von Plasma- oder Lasertechniken, könnten die Erschließung tiefer Ressourcen erheblich erleichtern und die Kosten senken.

Darüber hinaus ermöglichen neue Materialien, Materialbeschichtungen und Wärmeaustauschsysteme eine effizientere Nutzung mittlerer und niedriger Temperaturen, was die Anwendungsbereiche der Geothermie erweitert.

Integration mit anderen erneuerbaren Energien

Ein weiterer Trend ist die Kombination von Erdwärme mit anderen erneuerbaren Energieträgern wie beispielsweise Solar- und Windkraft. Solche Hybridanlagen können Schwankungen ausgleichen und eine stabile Energieversorgung gewährleisten.

Besonders in urbanen Gebieten wird die Erdwärme immer häufiger als zuverlässige Wärmequelle in Fernwärmenetzen integriert. Diese Entwicklung unterstreicht das Potenzial der Erdwärme als Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Energiezukunft.

Häufig gestellte Fragen

  1. Was macht Geothermie erneuerbar?
    Geothermie nutzt die unerschöpfliche Wärme aus dem Erdinneren, die durch natürliche Prozesse wie radioaktiven Zerfall und geothermische Gradienten kontinuierlich erneuert wird.
  2. Kann Geothermie überall genutzt werden?
    Nein, die Effizienz der Geothermie hängt stark von der geologischen Lage ab. Regionen mit hoher geothermischer Aktivität, wie Vulkangebiete, sind besonders geeignet.
  3. Wie schneidet Geothermie im Vergleich zu Solar- und Windenergie ab?
    Geothermie ist zuverlässiger, da sie unabhängig von Wetterbedingungen ist, während Solar- und Windenergie von Sonne und Wind abhängen.
  4. Wie groß ist das globale Potenzial der Geothermie?
    Schätzungen zufolge könnte Geothermie weltweit etwa 10-20% des gesamten Energiebedarfs decken, wenn das volle Potenzial erschlossen wird.

 

Projektreferenzen


Videos