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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

INNOVATIVE WERKZEUGE FÜR DEN KONSUMENTENSCHUTZ

22.12.2021
AIT Data Scientists leisten wichtigen Beitrag für mehr Transparenz, Sicherheit und Fairness auf großen Online-Marktplätzen
Grafik mit einer Darstellung der Häufigkeiten von Dritthändlern nach Herkunftsland

Das Ringen um die Poleposition: Die Studie zeigt u.a. auf, dass die meisten jener Dritthändler auf dem Amazon-Marktplatz, die es an die Spitze der Suchergebnissen schaffen, aus China stammen, gefolgt mit etwas Abstand von Händlern aus Deutschland. Im Vergleich zu restlichen Herkunftsländern machen sie zusammen das Groß der Dritthändler aus. (Quelle: AIT, ÖIAT)

Die Arbeiterkammer (AK) hat anhand von mehr als 500.000 Produkt- und Preisdaten auf Amazon.de untersucht, welche Mechanismen die Preisgestaltung und Angebote eigener Produkte und jener von Dritthändlern auf dem Online-Marktplatz beeinflussen. Eine neue Studie, die die AK beim Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und dem Center for Digital Safety and Security des AIT Austrian Instiute of Technology in Auftrag gegeben hat, zeigt, nach welchen Regeln Amazons Online-Marktplatz funktioniert.

Amazon ist der mit Abstand größte Online-Händler weltweit. Auf dessen Online-Marktplatz handelt der US-Konzern nicht nur im eigenen Namen Produkte, gleichzeitig bieten auch viele Dritthändler ihre Waren über die Amazon Plattform an. Ob Amazon ihre Marktmacht zu ihrem Vorteil ausnutzt ist aktueller Gegenstand der Beobachtung der Arbeiterkammer.

Die Algorithmen, die Amazon z.B. für das Ranking von Angeboten nutzt, sind ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis. Datenexpertinnen und -experten von ÖIAT und AIT haben detaillierte Charakteristika von Suchergebnissen und Preisgestaltungen für die Online-Kundschaft auf Amazon.de datenbasiert erhoben, um herauszufinden, welche Mechanismen die Preisgestaltung und Produktangebote sowie die Sichtbarkeit von Online-Händlern beeinflussen. Dabei ging es u.a. um die Herkunft von Dritthändlern, den Einfluss von Werbung und der unterschiedlichen Methoden der Kundenbindung, um die Rolle von Eigenmarken, Coupons, limitierten Angeboten uvm.

Systematische Untersuchung des Amazone-Markplatzes

Während sich das ÖIAT auf Fragen der Arbeitssituation, rechtliche Fragestellungen und den Konsumentenschutz konzentrierte, führten Data Scientists des AIT eine umfangreiche Erhebung und Analyse von Daten durch. Die AIT Expertinnen und Experten analysierten dabei typische Suchprozesse von simulierten Amazon-Kundinnen und Kunden. Zwischen Februar und April 2021 wurden automatisiert mehr als 525.000 Produkt- und Preisdaten sowie mehr als eine Million Datenpunkte auf Amazon.de erhoben. Diese Daten wurden entsprechend untersucht und durch verschiedene Methoden analysiert – die Gesamtgröße der Messergebnisse und des untersuchten Datenvolumens lag bei rund 172 GB. Dadurch konnte der Amazon-Marktplatz in die verschiedenen Dimensionen zerlegt und evaluiert werden.

Innovative Werkzeuge für den Konsumentenschutz

Das AIT betreibt seit einigen Jahren einen speziellen Forschungsschwerpunkt mit Fokus auf den Themenbereich Konsumentenschutz rund um den Schutz von Online-Kundinnen und -Kunden vor Cyber Crime sowie den Schutz der Privatsphäre und unterhält dabei auch strategische Kooperationen mit Partnern wie mit dem ÖIAT. Damit konnte am Standort Österreich bereits eine im internationalen Vergleich sehr hohe Kompetenz in diesem sensiblen Bereich aufgebaut werden.

2019 wurden im von der Internet Privatstiftung Austria (IPA) geförderten Projekt „preis.wert“ Werkzeuge für die technikbasierte Analyse von sogenanntem Personal und Dynamic Pricing entwickelt. Mithilfe eines speziell designten Web-Crawlers können damit örtliche, zeitabhängige und Endgeräte-bezogene Preisbildungspraktiken im Online-Handel identifiziert und für verschiedene Zielgruppen transparent gemacht werden.

Im Folgeprojekt PRIMMING („Monitoring von Preisdiskriminierungen bei personalisierter Preisgestaltung für E-Commerce durch Machine-Based-Learning“), das im FEMtech Programm „Talente“ des BMK gefördert wurde, wurde die datenbasierte diskriminierende Preisgestaltung im E-Commerce mit Methoden der Künstlichen Intelligenz untersucht, um Konsumentinnen und Konsumenten vor unfairen Preisen im Internet zu schützen und auch Maßnahmen z.B. gegen Gendernachteile setzen zu können. Dies ermöglicht Organisationen im Konstumentenschutzbereich nun ein systematisches Preismonitoring.

Ebenso wurde im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte, wie derzeit im Rahmen des vom BMLRT im KIRAS Sicherheitsforschungsprogramm geförderten Projekts SINBAD, mit dem Fake-Shop Detector (www.fakeshop.at) bereits ein wichtiges spezielles Werkzeug entwickelt, um Online-Kundinnen und -Kunden vor Betrug durch Fake Shops zu schützen.

Strukturen verändern sich rasch und dynamisch

Die Ergebnisse des nunmehrigen Projekts illustrieren, wie die Reihung von Suchergebnissen und die Mechanismen der Preisgestaltung von Amazon gesteuert werden – wobei sich die Struktur (Funktionen, Produkte, Zusatzkostenanzeige, etc.) sehr dynamisch und rasch verändert. So sind beispielsweise Produkte, die von Amazon als Händler vertrieben werden, in vielen Produktkategorien systematisch besser gereiht als Angebote von Dritthändlern. Die mit Amazons Kundenbindungsprogramm „Prime“ verknüpften Produkte machen einen großen Anteil der Suchergebnisse aus und sind systematisch besser gereiht als andere. Ein weiteres Ergebnis der Analyse ist, dass ungefähr jedes dritte Suchergebnis gesponsert ist. Es zahlt sich daher aus, nach günstigeren Händlern zu suchen.

Weiters zeigte sich, dass, wer auf Amazon.de einkauft, mehrheitlich Produkte von Dritten kauft: Konkret sind zwei Drittel aller Verkäufer nicht Amazon selbst, sondern externe Händler. Dabei ist für Konsumentinnen und Konsumenten in vielen Fällen nicht auf den ersten Blick ersichtlich, in welchem Land der Sitz eines Verkäufers liegt. Chinesische Händler sind dabei die klare Nummer eins; der Anteil von Unternehmen mit Sitz in Österreich liegt in dieser Erhebung bei nur 1,8 Prozent unter allen Suchergebnissen.

AIT Exzellenz im Bereich Data Science

Das besondere Know-How der AIT Expertinnen und Experten sowie die spezifische Forschungsausrichtung im AIT Center for Digital Safety & Security bilden eine wichtige Grundlage um die Sicherheit für Online-Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich vor Missbrauch nachhaltig sicherzustellen. Damit wird weiters ein wichtiger Beitrag geleistet, um den österreichischen Online-Handel im globalen Wettbewerb zu unterstützen. Diese Erkenntnisse sind somit nicht nur für Konsumentinnen und Konsumenten höchst relevant, sondern können auch als Basis für weiterführende Überlegungen zur effizienten und effektiven Regulierung genutzt werden, wie sie derzeit u.a auf EU-Ebene und in vielen Staaten diskutiert werden. „Mit unserer Exzellenz im Bereich Data Science stellen wir mehr Transparenz auf großen Online-Marktplätzen für Konsumentinnen und Konsumenten sicher und tragen so wesentlich zur Erhöhung von Sicherheit und Fairness im Online-Handel bei. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für den Erfolg Österreichischer Anbieter im globalen Wettbewerb“, fasst Helmut Leopold, Head of Center for Digital Safety & Security zusammen.

 

Link zur Studie: https://www.arbeiterkammer.at/beratung/konsument/EinkaufundRecht/Studie_Amazon_2021.pdf

 

Pressekontakt:

Mag. (FH) Michael W. Mürling
Marketing and Communications
AIT Austrian Institute of Technology
Center for Digital Safety & Security
T +43 (0)664 235 17 47
michael.muerling(at)ait.ac.at I www.ait.ac.at