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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Schmerzfreie Überwachung von Gesundheits-Biomarkern

17.04.2024
AIT-koordiniertes EU-Projekt ELSAH erfolgreich abgeschlossen

Wien - Das AIT geleitete europäische H2020-Projekt ELSAH (Nr. 825549) hat einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung von Wearable Technologies vollbracht: Mit dem Abschluss der ersten klinischen Studie am Menschen präsentiert das Projekt ein "intelligentes Pflaster" zur schmerzfreien kontinuierlichen Überwachung von Gesundheits-Biomarkern.

Das innovative Komplett-System, das so genannte ELSAH-Patch, kombiniert einen Biosensor auf Mikronadelbasis mit Elektronik (Mikrochip, Batterie und Sender) und ermöglicht eine schmerzfreie, kontinuierliche Überwachung von Biomarkern wie Glukose und Laktat direkt aus der Zwischenzellflüssigkeit der Haut. Diese Technologie verspricht einen wichtigen Fortschritt in der Gesundheitsvorsorge und im Management der physikalischen Trainingstherapie, insbesondere für Menschen mit chronischen Krankheiten.

Im Rahmen des Projekts wurden zwei separate ELSAH-Patch-Demonstratoren entwickelt und erfolgreich evaluiert:

  • Ein Technologie-Demonstrator (Codename Vienna), der alle im Projekt entwickelten technologischen und wissenschaftlichen Module in ein funktionales, nicht-klinisches Gerät integrierte, das in einer Laborumgebung evaluiert wurde. Dieser Demonstrator enthielt gedruckte Elektronikkomponenten. An der Sensorschnittstelle wurden erfolgreiche In-vitro-Messungen von Glukose und Laktat durchgeführt und die Messdaten über die integrierten gedruckten Antennen auf den Laptop oder das Mobiltelefon übertragen. Der Upload der Messdaten auf die Lykon-Server-Infrastruktur wurde erfolgreich getestet.
  • Ein klinische-Studie-Demonstrator (Codename Graz), der den Vorschriften für Medizinprodukte entspricht und für Tests am Menschen verwendet wurde. Der entwickelte Biosensor auf Mikronadelbasis und der Mikrochip wurden mit kommerziellen Lösungen für Batterien (Knopfzellen), Sender und Verbindungen (PCB-Technologie) integriert. Alle Komponenten wurden mit vollständiger Rückverfolgbarkeit durch den verteilten Produktionsfluss an mehreren europäischen Standorten hergestellt und qualitätsgeprüft. Die fertig verpackten Geräte wurden zur Durchführung der klinischen Studie an den Projektpartner Medizinische Universität Graz, Österreich, geliefert.

ELSAH Projektleiter Dr. Giorgio C. Mutinati, Competence Unit Molecular Diagnostics  des AIT Center for Health and Bioresources, unterstreicht die Bedeutung dieser Entwicklung: "Unser Ziel war es, eine Technologie zu entwickeln, die es den Menschen ermöglicht, ihre Gesundheit besser zu verstehen und zu managen, ohne die Unannehmlichkeiten und Schmerzen der traditionellen Messmethoden. Die Ergebnisse unserer klinischen Studie bestätigen, dass uns dies gelungen ist".

Vom Konzept in die Anwendung: Der Weg von ELSAH von der Klinik zum Nutzer

Die Technologie wurde in Zusammenarbeit mit mehreren europäischen Partnern entwickelt, darunter Forschungsinstitute, Universitäten und Unternehmen aus dem KMU- und Industriesektor. An der klinischen Bewertung des Pflasters nahmen 30 gesunde Freiwillige teil, die die hohe Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit des Systems unter Beweis stellten.

Die Innovation liegt nicht nur in der Erkennung der Biomarker, sondern auch in der Art und Weise, wie die Daten erfasst und verarbeitet werden. "Die sichere drahtlose Übertragung der Messdaten an eine Smartphone-App und dann verschlüsselt an eine sichere Server-Infrastruktur ermöglicht die sofortige Analyse und Interpretation der Gesundheitsdaten. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für personalisierte Gesundheitskonzepte und Therapien", sagt Mutinati.

Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts ist die Nutzerakzeptanz. "Die Rückmeldungen der Studienteilnehmer:innen sind durchweg positiv, vor allem was den Tragekomfort und die Benutzerfreundlichkeit betrifft. Dies ist ein entscheidender Faktor für die breite Akzeptanz und Nutzung der Technologie im Alltag", ergänzt Mutinati.

Der Weg in die Zukunft: ELSAH für das tägliche Gesundheitsmanagement weiterentwickeln

Mit dem erfolgreichen Abschluss der klinischen Studie und der Präsentation des integrierten Systems ist die Vision klar: Die ELSAH-Technologie soll nicht nur in der medizinischen Überwachung, sondern auch im Alltag eine zentrale Rolle spielen und den Menschen helfen, ihre Gesundheit unabhängig und effektiv zu managen.

Die erfolgreiche Realisierung des ELSAH-Projekts und seine vielversprechenden Zukunftsaussichten symbolisieren einen bedeutenden Fortschritt in der Entwicklung von Wearable Technologies. Sie bestätigen auch die Position Europas als Innovationsführer im globalen Forschungssektor. Angesichts der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie wird nun ein neues Kapitel im Monitoring und proaktiven Gesundheitsvorsorge eröffnet, das das Potenzial hat, den Alltag und die medizinische Versorgung sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene nachhaltig zu verbessern.

Mehr Informationen:

http://www.elsah.researchproject.at/

Projekt Partner:

An dem von der Europäischen Union geförderten Horizon 2020 Forschungsprojekt (Grant No. 825549) waren namhafte Partner beteiligt:

  •  AIT Austrian Institute of Technology GmbH
     Projektkoordination, Entwicklung der Sensoroberflächenmodifikation mittels hydrogelbasierter biofunktioneller Schichten, die mit automatisierten Systemen aufgebracht werden, Systemintegration
  • DirectSens GmbH
    Entwicklung von Enzymen für den direkten Elektronentransfer (DET), Entwicklung eines DET-Enzym-Assays
  • Deutsche Sporthochschule Köln
    Entwicklung von Anwendungsfällen
  •  Imperial College London
    Validierung von elektrochemischen Biosensoren auf Mikronadelbasis für die interstitielle Hautflüssigkeit
  • Infineon Technologies Österreich AG
    Entwicklung eines integrierten Mikrochips für Biosensorsteuerung, Datenanalyse und drahtlose Kommunikation
  • Technisches Zentrum LEITAT
    Entwicklung von gedruckter Elektronik (Verbindungen und Antennen), Lebenszyklusanalyse.
  • LykonDX GmbH
    Nutzung des ELSAH-Pflasters für Gesundheit und Wohlbefinden
  • Sanmina Irland Unlimited Company
    ELSAH-Pflaster-Systemintegration, Entwicklung von Pflasterapplikatoren, regulatorische Beratung
  • Saralon GmbH
    Entwicklung einer gedruckten Batterie
  • Tyndall Nationales Institut
    Entwicklung von Mikronadeln für die Biosensorik der dermalen interstitiellen Flüssigkeit auf der Basis flexibler Materialtechnologie
  • Medizinische Universität Graz
    Erste klinische Studie am Menschen