Aluminium und andere Leichtmetalle spielen als Bestandteile von leichten und zugleich robusten Fahrzeugbauteilen eine unverzichtbare Rolle bei der Erreichung der Klimaziele. Allerdings sind ihre Herstellung und Verarbeitung mit energieintensiven Prozessen verbunden. Die Energieeffizienz dieser Prozesse kann jedoch durch die Etablierung von Cyber-Physischen Systemen (CPS) erheblich verbessert werden. Bisher benötigt man langjährige Erfahrung und aufwendige Versuche, um die richtigen Prozessparameter zur Herstellung hochwertiger Bauteile zu finden. Diese Versuche können jedoch mittels digitaler Zwillinge von Produktionsanlagen virtuell durchgeführt werden. Dadurch spart man Zeit und Energie und vermeidet gefährliche Arbeitsbedingungen beim Testen neuer Legierungen oder der Entwicklung neuer Prozesse.
Trotz der verfügbaren Möglichkeiten zur Erstellung digitaler Zwillinge braucht es in der Leichtmetallindustrie jedoch ganzheitliche digitale Assistenzsysteme, die an innovative Prozesse und neue Legierungen angepasst werden können. Diese Assistenzsysteme müssen auf die Bedürfnisse der Nutzer:innen abgestimmt sein, um eine tatsächliche Verbesserung der Prozesse zu erreichen.
Genau darauf zielt das Projekt opt1mus (Open Process Twin Minding the USer 1st) ab. Das Konsortium unter Leitung des LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen und mit den Partnern AIT Center for Technology Experience, HPI High Performance Industrietechnik und RISC Software (Abteilung Logistics Informatics) lässt interdisziplinäres, langjähriges Know-how sowie Erfahrungen aus der Praxis in die Entwicklung eines menschengerechten CPS am Beispiel des horizontalen Aluminium-Stranggusses einfließen:
- Um die Materialqualität von Aluminiumlegierungen in Simulationen genau vorhersagen zu können, sind speziell entwickelte Modelle erforderlich, die den physikalischen Eigenheiten dieser Legierungen gerecht werden. Das LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen verfügt über umfassende Erfahrung entlang der gesamten Prozesskette – von der Legierungsentwicklung über Gieß- und Umformprozesse und Prototyping bis zum Recycling – und begleitenden Simulationen, die genau dies gewährleisten kann. Das Unternehmen HPI High Performance Industrietechnik GmbH, ein Partner des LKR, bringt langjährige Erfahrung im Bau von Stranggussanlagen ein.
- Gleichzeitig benötigt es im Sinne von Industrie 5.0 Assistenzsysteme für Gießer:innen, die durch intelligente Vorschläge direkt am Human Machine Interface (HMI) der Produktionsanlage den Prozess einfacher und effizienter gestalten. Darüber hinaus soll Anwender:innen durch eine nachvollziehbare Präsentation von Systemvorschlägen die Möglichkeit geboten werden, selbst im Lauf der Zeit „smarter“ zu werden. Um in Zukunft auch im industriellen Umfeld eine erweiterte, diversifizierte Anwendergruppe anzusprechen zu können, werden zudem notwendige Faktoren in der Gestaltung der User Experience (UX) evaluiert. Das AIT Center for Technology Experience entwickelt in einem nutzerzentrierten Design-Prozess Konzepte dieser Interaktionslösungen.
- Um fundierte Unterstützung für den komplexen Entscheidungsprozess in der täglichen Arbeit von Gießer:innen zu ermöglichen, ist die RISC Software GmbH als Forschungsinstitut zu Big Data, Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen mit dem Aufbau eines Advisorysystems betraut.
Besonders für den Industriestandort Österreich ist die Entwicklung eines flexiblen Cyber-Physischen Systems von entscheidender Bedeutung, um die Digitalisierung aller Produktionsprozesse der Zulieferbetriebe sicherzustellen. Hierfür wird das im Projekt opt1mus entwickelte CPS als Open-Source-Software frei zugänglich gemacht und auf die Möglichkeit zur Anpassung an andere Prozesse als den Strangguss geachtet. Auf diese Weise können österreichische Anlagenbauer und Produzenten Innovationen entwickeln, um Ausschuss und CO2-Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig durch digitale Assistenz menschengerechte Arbeit zu schaffen.
Projektleiter David Blacher vom LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen: „Im Projekt opt1mus legen wir den Fokus auf die Gießer:innen. Wie können wir sie mit digitalen Methoden unterstützen, damit nicht nur die Energieeffizienz in Prozessen gesteigert werden kann, sondern auch die Interaktion mit der Maschine effizienter und sicherer wird? Dazu kombinieren wir die Prozesssimulation mit digitaler Assistenz und diversitäts-gerechtem Design.“
„Die Optimierung von Produktionsprozessen in der Industrie mithilfe digitaler Assistenzsysteme ist nur dann möglich, wenn wir von Anfang an einen Human-Centered-Design-Approach konsequent verfolgen“, ergänzt Christian Bechinie, Experte für User Experience (UX) am AIT Center for Technology Experience.
Gefördert durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen von Produktion und Material 2022.