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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Meilenstein in der Sensor-Miniaturisierung zur Augendiagnostik

22.03.2021
Österreichisches Konsortium mit AIT Beteiligung miniaturisiert Sensor für Augenheilkunde

Als Ergebnis des von der ams AG koordinierten FFG Projekts COHESION, Laufzeit von 2016 bis 2019, ist es erstmals gelungen bei einem lebenden Menschen 3D Bilder der Netzhaut mit Hilfe eines extrem kompakten integrierten Spektrometers aufzunehmen. Die AIT Competence Unit Molecular Diagnostics, des Center for Health & Bioresources, war Partner des rein österreichischen Konsortiums und brachte seine langjährige interdisziplinäre Erfahrung im Sensor-Bereich ein.

Als Ergebnis des FFG Projekts COHESION ist es erstmals gelungen bei einem lebenden Menschen Bilder der Netzhaut mit einem Chip-integrierten Spektrometer aufzunehmen. An der Medizinischen Universität Wien wurde die Aufnahme mittels optischer Kohärenztomografie, kurz OCT (Optical Coherence Tomography) durchgeführt. OCT ist ein optisches Bildgebungsverfahren zur kontaktlosen, tiefenaufgelösten Visualisierung der Netzhaut des Auges, deren Grundsteine bereits in den frühen 1990er Jahren an der Medizinischen Universität Wien gelegt wurden. Heute ist OCT Gold-Standard bei augenärztlichen Untersuchungen und hat gegenüber anderen Methoden den Vorteil die Blutgefäße ohne Verabreichung von Kontrastmittel zu visualisieren.

Ziel des FFG Projekts COHESION, das von 2016 bis 2019 lief, war es einen signifikanten Schritt in Richtung der Miniaturisierung bei OCT zu setzten. Nach jahrelangen internationalen Bemühungen ist einem rein österreichischen Konsortium rund um den Koordinator ams AG gelungen – mit einer Bildqualität, die für eine klinische Verwendung ausreichend sein könnte. Die AIT Competence Unit Molecular Diagnostics, des Center for Health & Bioresources, war Partner und brachte seine langjährige interdisziplinäre Erfahrung im Sensor-Bereich ein.

AIT Sensor Experte Paul Müllner dazu „Diese Ergebnisse stellen einen Meilenstein für die Entwicklung kostengünstiger, miniaturisierter OCT-Geräte dar, der signifikanten Einfluss auf die patientennahe Diagnostik im Bereich der Augenheilkunde haben könnte.“ Müllner erklärt weiter „Das Projekte konnte die wichtigste Kernkomponente eines OCT Geräts auf nur einem Halbleiterchip integrieren und diesen in die bestehenden Herstellungsprozesse in der Halbleiterindustrie einfach einbinden, um eine preisgünstige Massenfertigung bei zu ermöglichen.“ Das nächste Ziel ist ein in sehr kompaktes und zugleich preisgünstiges, robustes OCT-Gerät, das eine Vielzahl an neuen diagnostischen Möglichkeiten eröffnet.

Die Aufgabe des interdisziplinären Expert*innen-Teams des AITs war es neben dem technischen Teil, dem Gesamtdesign der photonisch integrierten Schaltkreises mit OCT Funktionalität und den Wellenleiterkomponenten, vor allem die Brücke zwischen dem Projekt-Koordinator ams AG, mit Expertise für die Herstellung von Chips, zu den Expert*innen der MUW zu schlagen, mit Expertise für ophthalmische OCT Anwendung, aber bislang ohne Kenntnis von Halbleiterprozessen bzw. Wellenleitern. Mit im Konsortium war ebenfalls die Fachhochschule Vorarlberg, zuständig für das integrierte Spektrometer.

Initiator des COHESION Projekts Rainer Hainberger, Leiter der Biosensor Gruppe von Molecular Diagnostics, erklärt wie es weitergeht „Im nächsten Schritt wird die Integration stark vorangetrieben. Ziel ist es, auch die Detektion sowie die Integration weiterer Kernkomponenten eines OCT Geräts auf dem 2x2 cm großen Chip zu demonstrieren. Entsprechende Chips wurden bereits gefertigt und erste Messungen sind an der Medizinischen Universität Wien gerade in Vorbereitung.“ Damit könnte ein OCT-Gerät von der Größe eines Schuhkartons schlussendlich realisiert werden, welches eine kosteneffiziente, patientennahe OCT-Untersuchung z.B. auch in Pflegeheimen ermöglichen würde.


Wie funktioniert OCT eigentlich?

Bei dieser Untersuchung rastert ein Laserstrahl die Netzhaut ab und rekonstruiert das reflektierte Licht in einem 3D Bild. Der Arzt kann so die, teils nur wenige Mikrometer dicken, Schichten der Netzhaut auf Erkrankungen untersuchen. So können frühe Anzeichen von Netzhauterkrankungen, z.B. altersbedingte Makuladegeneration und Netzhautablösungen, oder Schäden am optischen Nerv erkannt und behandelt werden. Auch die Mikrovaskulatur der Retina kann tiefenaufgelöst visualisiert werden, aktuelle Studien weisen darauf hin, dass so in Zukunft auch Hinweise auf Herzinsuffizienz, Diabetes, und möglicherweise auch Alzheimer so frühzeitig gefunden werden können. Das Prinzip funktioniert so, dass statische Bereiche ausgeblendet werden und durch bewegte Signale, wie etwa das fließende Blut, erkannt werden und so die Gefäße abgebildet werden können.