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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Andreas Kugi: „Technologie muss den Menschen unterstützen – nicht ersetzen“

02.10.2025

Copyright: Christian Steinbrenner

Am 18. September 2025 fand in Wien die internationale Leitkonferenz für autonome Mobilität The Autonomous Main Event statt. Unter dem Motto „Making a Real-World Impact: Safe and Secure Software-Defined Autonomy“ wurden diesmal erstmals auch Robotik und deren Rolle für Industrie und Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt.

Im Panel IV „The Rise and Evolution of Robotics: A Transformative Impact on Industry and Society" diskutierten Experten über eine robotergestützte Zukunft. Mit dabei waren Vertreter von NXP Semiconductors, Avular, Claas, Ambarella sowie Andreas Kugi, wissenschaftlicher Leiter des AIT Austrian Institute of Technology. Im Fokus standen Anwendungen in Luftfahrt, Landwirtschaft, Logistik und Forstwirtschaft. Außerdem diskutierten die Teilnehmer neue Formen der Mensch-Maschine-Kollaboration und technische Konzepte zur Verbesserung der Autonomie.

Gesellschaftliche Akzeptanz und menschzentrierte Technologie

In der Diskussionsrunde verwies Kugi auf die Robotik-Forschung am AIT und die Entwicklung autonomer Arbeitsmaschinen. Er unterstrich, dass bei der Entwicklung solcher Systeme Sicherheit und Transparenz im Vordergrund stehen müssen. „Nur wenn wir nachvollziehbar machen, wie autonome Systeme arbeiten, schaffen wir Vertrauen", betonte Kugi. „Und Vertrauen ist die Basis für gesellschaftliche Akzeptanz."

Kognitive Robotersysteme werden künftig verstärkt Tätigkeiten übernehmen, aber in vielen Bereichen wie etwa auf Baustellen werden diese weiterhin Seite an Seite mit Menschen arbeiten. Mensch-Maschine-Schnittstellen spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie ermöglichen intuitive Bedienung, liefern klare Rückmeldungen und sind Voraussetzung für Akzeptanz. Ebenso wichtig seien laut Kugi Verantwortung, Haftung und ethische Leitplanken, damit autonome Systeme gesellschaftlich breit getragen werden.
Das AIT bietet mit dem Large-Scale Robotics Lab und dem Center for Technology Experience ideale Bedingungen, um autonome Arbeitsmaschinen in realistischen Szenarien zu entwickeln und testen. Aktuell arbeitet das Team etwa an einem autonomen Gabelstapler für die Logistik im Außenbereich und an einem autonomen Holzverladekran für die Forstwirtschaft.

Technische Anforderungen: Sicherheit und Zuverlässigkeit

Autonome Arbeitsmaschinen stoßen auf eine Vielzahl komplexer Herausforderungen: Dazu gehören unstrukturierte Umgebungen und wechselnde Licht- und Wetterbedingungen. Hinzu kommen Verdeckungen oder Sensorausfälle. Um diese zu meistern, braucht es ein semantisches Verständnis der Umgebung. Notwendig ist auch eine präzise Bewegungsplanung in Echtzeit unter Unsicherheit. Zudem muss eine robuste Generalisierung über die Trainingsdaten hinaus möglich sein. Letztere gilt bis heute als eines der größten Probleme. Kugi strich hervor, dass aus seiner Sicht reine End-to-End-Lernverfahren dafür nicht ausreichen, trotz der beeindruckenden jüngsten Fortschritte bei Vision-Language-Action-Modellen: „Wir brauchen eine modulare Architektur, die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Anfang an mitdenkt – durch die Kombination datengetriebener Methoden mit modellbasierter Ingenieurkunst, klassischer Regelungstechnik, bewährten Konzepten der Sicherheitsforschung und domänenspezifischem Know-how."
 

Copyright: Christian Steinbrenner

Vision für die nächsten zehn Jahre

Beim Maschinendesign stellt sich laut Kugi die grundsätzliche Frage, ob klassische Bauformen, die ursprünglich für manuelle Bedienung entwickelt wurden, noch zeitgemäß sind. Zielführender sei es, Konstruktion, Sensorik, Aktuatoren und Systemarchitektur von Beginn an auf autonome Funktionen auszurichten. So wie Daten „KI-tauglich" („AI-ready“) sein müssen, sollten auch Maschinen für den autonomen Betrieb geeignet und ausgelegt sein (autonomous-operation-ready“). Nur wenn sich die kognitiven Ebenen der Software nahtlos mit der Hardware verbinden lassen, können Sicherheit und Zuverlässigkeit garantiert werden.

Da Sicherheit in Randfällen stets eine Herausforderung bleibt, sind heutige Systeme meist noch nicht vollständig autonom. Häufig arbeiten sie mit variabler Autonomie, werden teleoperiert oder teilen sich die Verantwortung mit Menschen. Intelligente Assistenzsysteme nehmen jedoch kontinuierlich zu und entlasten Personen schon heute, was einen wichtigen Schritt hin zu wirklich autonomen Funktionen darstellt.
 

„Forschung auf die Straße bringen“

Zum Abschluss formulierte Kugi eine klare Vision: 

„Mein Wunsch ist es, die vielen hervorragenden Ideen und Forschungsergebnisse, die wir in Europa bereits haben, tatsächlich auf die Straße zu bringen – mit der notwendigen Finanzierung und den passenden Regularien.”