AIT mit vier Präsentationen beim AI5Production Symposium 2025
Der Europäische Digital Innovation Hub EDIH AI5Production unterstützt Unternehmen dabei, den digitalen Herausforderungen von heute zu begegnen – mit dem übergeordneten Ziel, nachhaltige, resiliente und menschorientierte Produktionssysteme im Sinne von Industrie 5.0 zu fördern.
Am 15. Oktober 2025 richtete EDIH AI5Production als Organisator das AI5Production Symposium an der Johannes Kepler Universität Linz unter dem Motto „Digitalisierung in der Produktion: Lösungen und Anwendungen“ aus. Führende Expert:innen, Anwender:innen und Entscheidungsträger:innen aus Industrie und Forschung diskutierten konkrete Erfahrungen, Technologien und Perspektiven aus der Initiative AI5Production.
Das AIT präsentierte vier Poster, die das Zusammenspiel von Digitalisierung, Nachhaltigkeit und technologischer Innovation in der Produktion anschaulich verdeutlichten – von digital integrierter Gebäudetechnik und kreislauforientierter Photovoltaik über energieeffiziente Schweißprozesse bis hin zu innovativen Umformtechnologien für Leichtmetalle.
Poster 1) Digitale Datendurchgängigkeit für Antriebstechnik in der Gebäudetechnik
Daten für nachhaltiges Bauen und Betreiben
Mit dem Projekt „DRIVE_THRU“ soll die Datenkonsistenz in der TGA-Planung (Technische Gebäudeausrüstung) verbessert und gleichzeitig Nachhaltigkeitsaspekte wie Lebenszyklusanalyse (LCA) und Kreislaufwirtschaftsprinzipien direkt in digitale Planungsprozesse integriert werden.
Methodik:
- Kombination digitaler und ökologischer Analysen von Bau-Komponenten entlang ihres gesamten Lebenszyklus - beispielhaft an Produkten der Fa Belimo
- Quantitative Berechnung der Umweltauswirkungen gemäß EN 15804
- Integration von Umweltproduktdeklarationen (EPDs) in BIM-Modelle
Ergebnisse:
Das Projekt ermöglicht eine transparente und überprüfbare Darstellung der Umweltauswirkungen eines Produkts über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Diese geprüften Kennzahlen (Environmental Product Declarations - EPD) wie etwa CO₂-Fußabdruck, Energieverbrauch und Recyclinganteil, werden direkt in BIM-Modelle integriert, sodass Planende und Betreibende ökologische Optimierungen bereits in frühen Entwurfsphasen berücksichtigen können.
Damit können erstmals Nachhaltigkeitsmetriken automatisiert in die Planung technischer Systeme einfließen – ein entscheidender Schritt hin zu digital durchgängiger und nachhaltiger Gebäudetechnik.
Poster 2) Optisches Prüfverfahren für gebrauchte PV-Module
Milliarden PV-Module erreichen in den kommenden Jahren das Lebensende. Viele gebrauchte Module bleiben aber funktionstüchtig. Mit Blick auf diese wachsenden Rücklaufmengen gebrauchter PV-Module wurde ein skalierbares, automatisiertes Prüfverfahren entwickelt, das Wiederverwendung wirtschaftlich und ökologisch möglich macht. Es erkennt typische Defekte mittels optischer Verfahren.
Gemeinsam mit einem niederösterreichischen Startup entwickelte das AIT ein automatisiertes Multi-Sensor-Imaging-System zur objektiven Qualitätsbewertung gebrauchter PV-Module.
Methodik:
Das System kombiniert RGB- und Elektrolumineszenz-(EL)-Kameras sowie angepasste Beleuchtung, um Defekte wie Risse, Delamination und Blasen sichtbar zu machen. Die Komponenten wurden unter realen Bedingungen validiert.
Ergebnisse:
Die Lösung wurde erfolgreich in die Prüfanlage von 2ndCycle integriert. Sie erreicht eine hohe Erkennungsrate bei hoher Prozessgeschwindigkeit und hat ihre industrielle Tauglichkeit bewiesen. Basierend auf den Ergebnissen, wird nun in einem geförderten Folgeprojekt mit dem Titel WattsOK? ein automatischer Reuse/Recycling Entscheidungsprozess entwickelt. Damit trägt das Projekt wesentlich zur Kreislaufwirtschaft im PV-Sektor bei und kann zukünftig auch durch KI-basierte Defektanalyse erweitert werden.
Poster 3) Effizienzsteigerungen bei WIG- und Plasma-Schweißinvertern
Die dritte Präsentation widmete sich Ansätzen zur Steigerung der Energieeffizienz in Schweißprozessen. Der hohe Energiebedarf von Schweißprozessen sowie deren breite Nutzung machen sie zu einer der energieintensivsten Anwendungen in der industriellen Fertigung, wie auch der prognostizierte Endenergieverbrauch von 6 TWh, entsprechend 2,4 Mio t CO2e lt. EU-Richtlinie 2019/1784, belegt.
Daraus ergibt sich jedoch auch ein besonders großer Hebel für Optimierungen. Ein interdisziplinäres Team verschiedener Experten aus den Centern Energy und VAC des AIT erarbeitete Konzepte für Verbesserungen.
Methodik:
- Erhebung des Status-Quo durch die Laborinfrastruktur am AIT
- Abschätzung der Eignung für Wide-Bandgap-Halbleiter
- Ganzheitliche Betrachtung aller in einem Schweißinverter genutzten Baugruppen um innovative Ansätze zur Reduktion der Halbleiterelemente zu entwickeln
- Einsatz maßgeschneiderter moderner Regelungstechnik, um die zukünftigen und bestehenden Anforderungen mit den neuen Schaltungslayouts zu realisieren
Ergebnisse:
Im Rahmen des Projektes wurde zunächst der Status-Quo an einem dem Stand der Industrie entsprechendem Schweißinverter erhoben. Darauf aufbauend konnte ein Konzept erstellt werden, mit welchem sich mithilfe von modernen Technologien (Halbleitermaterialien und Regelungstechnik) in Kombination mit innovativen Schaltungsdesigns beträchtliche Einsparungen im Ressourcenverbrauch realisieren lassen. Dabei wird sowohl der Energiebedarf wie auch der Bauteilbedarf reduziert.
Poster 4) AI-gestützte dynamische Steuerung zur Optimierung des elektroplastischen Effekts in der Metallverarbeitung
Das Projekt DynamicAIControlEPE untersucht ein KI-gestütztes Bildanalysesystem, das eine adaptive Closed-Loop-Steuerung eines Umformprozesses – konkret eines Zugversuchs an Aluminiumproben (z. B. EN AW-5083 ) – ermöglicht. Durch die Anwendung gepulster Gleichstromimpulse (PWM-DC) mit bis zu 40 kA bei 12 V während des Formens wird der elektroplastische Effekt (EPE) aktiviert, wodurch die Fließspannung reduziert, die Duktilität erhöht und somit das Formpotenzial des Leichtmetalls deutlich gesteigert werden kann.
Methodik:
Die Anwendung besteht aus drei Hauptmodulen:
- Live-Tab: kontinuierliche Überwachung des Umformprozesses in Echtzeit
- Parameter-Kalibrierung: Optimierung der Kantenerkennungsalgorithmen (Canny, RANSAC, Krümmungsfilter)
- Kamerakalibrierung: Über eine GUI – wird der Region of Interest (ROI) definiert, die der anfänglichen Messlänge des Zugprüflings entspricht. Innerhalb dieser ROI werden die beiden Probenkanten automatisch erkannt und deren Abstand in Echtzeit berechnet – als Maß für die plastische Verdünnung der Probe.
Ergebnisse:
Das System ermöglicht eine zuverlässige Live-Kontrolle der Kantenmessung. Die KI-Inferenz erfolgt in unter einer Sekunde, wodurch eine durchgängige Kette aus lokaler Sensorik → KI-gestützter Bildauswertung → adaptiver Aktorsteuerung entsteht. Die Stromregelung erfolgt dabei dynamisch, basierend auf dem berechneten Dehnungszustand, was eine gezielte Ansteuerung des EPE-Effekts erlaubt.
Die vier Posterbeiträge verdeutlichen das breite Spektrum der Forschung am AIT im Bereich digitaler, nachhaltiger und KI-gestützter Produktionstechnologien – von der energieeffizienten Industrie über ressourcenschonende Gebäudetechnik bis hin zur Kreislaufwirtschaft in der Photovoltaik und Umformprozesse in der Leichtmetallindustrie.
Begleitend zur Veranstaltung wird ein Symposiumsband erscheinen, der die vorgestellten Themen in Form von wissenschaftlichen Beiträgen näher beleuchtet.
Wir danken den Organisator:innen des AI5Production Symposiums für die gelungene Veranstaltung und den inspirierenden Austausch mit Fachkolleg:innen aus Forschung und Industrie.
Mehr Informationen
AI5Production: ai5production.at
AIT @ AI5Production : www.ait.ac.at/ueber-das-ait/center/center-for-vision-automation-control/complex-dynamical-systems/projekte/ai5production
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