Wasserstoff als Teil des globalen Energiesystems
Die Umstellung des globalen Energiesystems ist die Grundlage zur Bekämpfung des Klimawandels und trägt dazu bei die Energiesicherheit zu erhöhen. Klimaneutralität wird dabei durch die Nutzung sauberer Energiequellen wie Wind, Sonne, Wasser und Erdwärme erreicht. Zusätzlich werden Energieträger wie Wasserstoff und seine Folgeprodukte (z. B. Ammoniak, Methan oder Methanol) benötigt. Diese können Schwankungen in der Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien ausgleichen und die Dekarbonisierung von Bereichen ermöglichen, in denen die Reduzierung von Emissionen besonders schwierig ist.
Klimaneutraler Wasserstoff ist integraler Teil der Transformation des globalen Energiesystems und ein Schlüsselelement in den Energie- und Industriestrategien vieler Volkswirtschaften, darunter auch Österreich. Insbesondere in der Energieumwandlung und Energiespeicherung steckt erhebliches Potential für den Einsatz von Wasserstoff. Die in den Bindungen von Molekülen wie Wasserstoff oder seinen Derivaten gespeicherte Energie leidet nicht unter Selbstentladung (Energieverlust) während der Speicherzeit, gasförmiger Wasserstoff hat eine extrem hohe gravimetrische Energiedichte und die Energie kann anschließend in Brennstoffzellen oder über unschädliche Verbrennung regeneriert werden. Darüber hinaus kann Wasserstoff bzw. seine Derivate in die bestehenden Verteilungssysteme für Gas und Öl integriert werden.
Doch trotz dieser günstigen Eigenschaften und aktuell vorherrschenden Dynamik gibt es noch einige große Herausforderungen, die bewältigt werden müssen, um das Potenzial von emissionsarmem Wasserstoff zu erschließen. Zum einen kann Wasserstoff nur dann als „grüner“ Energieträger betrachtet werden, wenn seine Erzeugung nicht mit der Freisetzung von Treibhausgasen verbunden ist. Allerdings werden die ca. 100 Millionen Tonnen Wasserstoff, die derzeit weltweit pro Jahr produziert und verbraucht werden, fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen hergestellt und obwohl die politischen Anstrengungen zur Erhöhung des Anteils von emissionsarm hergestellten Wasserstoff nach wie vor groß ist, kommen dessen Abnahme und Einsatz nicht schnell genug in Gang.
Anwendungsbereiche und Einsatzgebiete für Wasserstoff
Grundsätzlich kann Wasserstoff in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden. Die International Energy Agency hat im Rahmen des Globalen Wasserstoffberichts 2023 zwei Kategorien von Anwendungen für Wasserstoff definiert:
- Traditionelle Anwendungen: Raffination; Ausgangsstoff für die Herstellung von Ammoniak, Methanol und anderen Chemikalien; und als Reduktionsmittel zur Herstellung von direkt reduziertem Eisen (DRI) unter Verwendung von synthetischem Gas auf fossiler Basis; Verwendung von Wasserstoff in der Elektronik, Glasherstellung oder Metallverarbeitung.
- Potenzielle neue Anwendungen: Verwendung von Wasserstoff als Reduktionsmittel in 100%-Wasserstoff-DRI, Mobilität und Transport, Herstellung von Kraftstoffen auf Wasserstoffbasis (wie Ammoniak oder synthetische Kohlenwasserstoffe), Veredelung von Biokraftstoffen, Hochtemperatureinsatz in der Industrie, Stromspeicherung und Stromerzeugung sowie andere Anwendungen mit effizienteren und emissionsärmeren Alternativen.
Dekarbonisierung durch den Einsatz von Wasserstoff Technologie
Obwohl Wasserstoff bisher nicht in großem Umfang in vielen dieser (neuen) Anwendungen eingesetzt wurde, da er entweder nicht wettbewerbsfähig mit den etablierten fossilen Brennstoffen und anderen emissionsarmen Technologien war oder weil die Technologien für die Endnutzung noch nicht ausgereift sind, dürfte die Notwendigkeit zur Dekarbonisierung zum vermehrten Einsatz führen, insbesondere in Sektoren, in denen die Emissionen entweder nur schwer zu verringern oder andere emissionsarme Technologien nicht verfügbar oder nur sehr schwer zu implementieren sind.
Basieren auf der strategischen Ausrichtung und langjährigen Expertise fokussiert das AIT eine anwendungsorientierten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf drei Bereiche:
Power2X: Schlüsseltechnologie für die Energiewende
Power2X (auch Power-to-X) ist eine innovative Technologie, die eine zentrale Rolle in der Energiewende spielt. Dabei wird überschüssiger erneuerbarer Strom, vor allem aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen, in andere Energieträger umgewandelt. Das „X“ steht dabei für verschiedene Endprodukte, wie Wasserstoff (Power-to-Hydrogen), synthetische Kraftstoffe (Power-to-Fuel) oder chemische Rohstoffe (Power-to-Chemicals). Diese vielseitigen Anwendungen bieten eine Lösung für die Speicherung und Nutzung von erneuerbarer Energie und unterstützen den Weg zu einer CO₂-neutralen Zukunft.
Schwerpunkte bei Forschung und Entwicklung
Das AIT ist führend in der Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich Wasserstofftechnologien. Unser Fokus liegt auf der Verbesserung der Effizienz und Zuverlässigkeit bestehender Technologien sowie der Entwicklung neuer, leistungsfähiger Materialien. Dabei arbeiten wir intensiv an der Reduzierung von Kosten und der Verlängerung der Lebensdauer von Wasserstoffsystemen, um ihre Marktakzeptanz zu steigern. Besondere Schwerpunkte unserer Forschung sind die Weiterentwicklung von Elektrolysetechnologien, insbesondere der Protonenaustauschmembran-Technologie, die Erschließung neuer Materialien und die Optimierung von Recyclingtechniken zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Wasserstoffsektor.
Elektrolyse
Die Wasserstoffelektrolyse, die elektrochemische Spaltung von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff mittels Strom, macht nur etwa 0,1 % der heutigen weltweiten Wasserstoffproduktion aus, aber anhand der angekündigten beziehungsweise geplanten Projekten könnte die weltweit installierte Elektrolyseur-Kapazität bis 2030 175 - 420 GW erreichen. Auf alkalische Elektrolyseure entfielen bis Ende 2022 60% der installierten Kapazität, gefolgt von 2022 auf alkalische Elektrolyseure, gefolgt von Protonenaustauschmembran-Elektrolyseuren (PEM) mit rund 30%. Aufgrund von Ankündigungen wird erwartet, dass sich dies in den kommenden Jahren ändern wird, PEM gegenüber alkalischen Elektrolyseuren Marktanteile gewinnen, obwohl viele zukünftige Projekte noch nicht entschieden oder bekannt gegeben haben, welche Elektrolyseurtechnologie sie zum Einsatz kommt. Festoxid-Elektrolyseure (SOEC) machen heute weniger als 1 % der installierten Kapazität aus. Was die geografische Verteilung anbelangt, so entfiel Ende 2022 auf China und Europa jeweils ein Drittel der installierten Kapazität, während in den Vereinigten Staaten und Kanada zusammen 10 % ausmachten.
Entwicklungsdienstleistungen
Aufbauend auf der langjährigen Expertise in relevanten Fragestellungen der Energieinfrastrukturentwicklung ist AIT im Thema Wasserstoff ein innovativer und unabhängiger Entwicklungspartner für Industrie, Energiewirtschaft, öffentliche Hand und relevante Stakeholder. Auf Basis wissenschaftlicher Methoden, exzellenter Forschungsinfrastruktur und Technologieneutralität ist es das Ziel, Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff hinsichtlich Kosten, Nutzen und Nachhaltigkeit neutral zu bewerten und somit das Umsetzungsrisiko bei innovativen Wasserstoff Projekten zu reduzieren.
Energiewirtschaftliche Betrachtungen
Das AIT befasst sich umfassend mit energiewirtschaftlichen Fragestellungen rund um die Nutzung und Integration der Wasserstofftechnologie. Hierbei spielt die Entwicklung von Szenarien zur Dekarbonisierung der Energieinfrastruktur und ausgewählter industrieller Sektoren eine zentrale Rolle. Diese Szenarien helfen dabei, langfristige Strategien zu entwickeln, um Emissionen zu senken und eine nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Analyse wasserstoffspezifischer technologischer Entwicklungspfade. Dies beinhaltet die Untersuchung der technologischen Fortschritte und deren Auswirkungen auf das zukünftige Marktdesign. Diese Analysen sind entscheidend, um die Marktentwicklung zu antizipieren und regulatorische Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten.
Die Validierung von Geschäftsmodellen, die auf der energetischen und stofflichen Nutzung von wasserstoffbasierten Technologien und Systemen basieren, ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des AIT. Dabei werden wirtschaftliche Potenziale dieser Technologien bewertet und Konzepte entwickelt, wie Unternehmen von der Wasserstoffnutzung profitieren können.
Darüber hinaus führt das AIT (Impakt-)Analysen energiepolitischer Rahmenbedingungen durch, um die Rolle von Wasserstoff als Energieträger in der zukünftigen Energiepolitik zu bewerten. Diese Analysen liefern wichtige Erkenntnisse für Entscheidungsträger und unterstützen die Gestaltung von politischen Maßnahmen zur Förderung der Wasserstofftechnologie.
Schließlich arbeitet das AIT an der Entwicklung von Optimierungskonzepten für den Einsatz von Anlagen. Dies erfolgt mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit wasserstoffbasierter Systeme zu steigern, insbesondere in Kombination mit anderen erneuerbaren Energiesystemen wie Photovoltaik (PV), Windenergie, Batterien und Power-to-Heat (P2H). Dabei werden auch bestehende regulatorische Rahmenbedingungen berücksichtigt, um die Nutzung der Technologien zu maximieren.
Die energiewirtschaftlichen Betrachtungen des AIT zur Wasserstofftechnologie umfassen:
- Szenarien-Entwicklung für Dekarbonisierung von Energieinfrastruktur und ausgewählten industriellen Sektoren
- Analyse von wasserstoffspezifischen technologischen Entwicklungspfaden und relevanten Marktdesign
- Validierung von Geschäftsmodellen auf Basis der energetischen und stofflichen Verwertung von wasserstoffbasierten Technologien und Systemen
- (Impakt-)Analysen energiepolitischer Rahmenbedingungen für Wasserstoff als Energieträger
- Entwicklung von Optimierungskonzepten des Anlageneinsatzes zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit in Kombination mit Systemen (PV, Wind, Batterie, P2H) und bestehender regulatorischer Rahmenbedingungen
Systemintegration Infrastruktur & Industrie
- Technoökonomische Systembetrachtungen bei der Integration in Industrie und Infrastruktur
- Konzeption und technische Auslegung (Design) von wasserstoffbasierten Anlagen auf Basis digitaler Modelle („Digital Twin“)
- Technologiespezifische Begleitung von Beschaffungsprozessen für Wasserstoffanlagen
- Analyse von am Markt bestehenden Technologien und Systemen
- Untersuchung der großflächigen Netzdienlichkeit und Flexibilitätseinsatz von wasserstoff-geführten Systemen (z.B. reaktionsschnelle Elektrolyseure für Demand Response) in Verteiler- und Übertragungsnetzen
- Design und Interoperabilitätsprüfung von IKT-Schnittstellen