Chemisch-mineralogische Analyse zu saisonaler Wärmespeicherung in 800-2.000 m Tiefe
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Kontext
Kühlen und Heizen verursacht in Österreich die Hälfte des nicht erneuerbaren Anteils am Endenergieverbrauch. Im Sinne der notwendigen Dekarbonisierung des Wärmesektors spielen Fernwärmenetze mit der Integration von lokal verfügbaren alternativen Energieressourcen (z.B. Abwärme aus Industrie und Gewerbe, Abwasser, Geothermie und Solarthermie) und effizientem Betrieb eine tragende Rolle.
Aufgrund der zeitlichen Differenz zwischen Angebot alternativer Energieformen und Wärme- bzw. Kältenachfrage, muss für eine vollständige Dekarbonisierung von Fernwärmesystemen eine Integration saisonaler Wärmespeicher erfolgen. Aus technologischer Sicht kommen dabei nur großvolumige Erdbeckenspeicher in Frage.
Der Aquifer Thermal Energy Storage (ATES) bietet eine attraktive Lösung als großvolumige Erdbeckenspeicher. ATES-Technologie ist aber in Österreich (z.B. Städte mit Fernwärmenetz) und vielen EU-Staaten weder technologisch noch markttechnisch etabliert. Dabei liegt der größte Vorteil dieser Technologie in dem extrem geringen Oberflächenbedarf und daher ihre Eignung für Ballungszentren.
Zielsetzung
Das Projekt erkundet erstmals das Potenzial von ATES für Fernwärmenetzanwendungen in Österreich und Mitteleuropa. Anhand der Projektergebnisse können wesentliche Weichen für eine zukünftige Wärmeversorgung von Ballungsräumen auf Basis alternativer Energiequellen in Österreich gelegt werden.
ATES Vienna zielt auf die Entwicklung von Hochtemperatur- (›40°C) und Großkapazitäts- (›10GWh) ATES ab, einschließlich Integrationsoptionen für den österreichischen Fernwärmesektor. Das Projekt wird sich mit der Identifizierung und Charakterisierung verfügbarer Aquifer-Ressourcen befassen und Bewertungsinstrumente zur Abschätzung ihrer Eignung für ATES-Anwendungen bereitstellen.
Basierend auf dieser Analyse wird ein detailliertes technisches Konzept für das erste ATES-Pilotprojekt im Raum Wien entwickelt, das die Nutzung bestehender Kohlenwasserstoffbrunnen und neuer Bohrungen vorsieht. Die Machbarkeitsstudie wird durch eine ganzheitliche sozioökonomische und regulatorische Wirkungsanalyse ergänzt.
ATES Vienna wird daher die Entwicklung einer Roadmap für die zukünftige Implementierung von ATES-Technologien in Österreich im Einklang mit dem Nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) 2021-2030 bringen.
AITs Rolle
Ein Verständnis der chemischen und mineralogischen Effekte ist für die Planung und Auslegung einer unter- und übertägigen Anlage zwingend erforderlich. In dieser Forschung spielt das AIT eine tragende Rolle
Das AIT leistet wesentliche wissenschaftliche Beiträge zur Erforschung und zum Verständnis der chemisch-mineralogischen Prozesse in Grundwasserleitern und zur Entwicklung von Strategien zur Vermeidung negativer Auswirkungen (z.B. Verringerung der Porosität).
Methoden
Das untersuchte System besteht aus zwei Bohrungen (Produktion und Injektion), die natürliches Formationswasser als Wärmeträgerflüssigkeit verwenden. Das Speichertemperaturniveau liegt zwischen 60°C und 120°C. Die Gesamtspeichergröße kann zwischen weniger als 1 GWh und mehr als 50 GWh variieren.
Ausgehend von den Erfahrungen mit einer kleinen Pilotanlage in der Nähe von Matzen in Niederösterreich wurde im Rahmen des Projekts das Konzept angepasst, um mögliche Ressourcenengpässe im Großraum Wien zu berücksichtigen.
Dazu werden chemisch-mineralogische Untersuchungen mit Gesteinsproben aus dem Wiener Becken, sowie eine chemisch-mineralogische Prozessmodellierung mit PHREEQC durchgeführt, und darauf aufbauend Hochtemperatur- und Autoklavenversuche bei der TU Graz.
Laborschwerpunkte und Ergebnisse
- Abhängigkeit der Ausfällung von Temperatur, Reaktionszeit und Standort
- Relevante Prozesse in Reservoir und Anlage - Umstrukturierung
- „Kalibrierung“ des Basismodells mit Informationen aus den Laborexperimenten
- Kritische Phasen von Magnesium, Calcit oder Silizium
→ Die Ergebnisse bieten ein kritisches Verständnis der chemischen und mineralogischen Effekte, dies ist wichtig in Hinblick auf die Planung von Untergrundanlagen.