Kreislaufwirtschaft in der Automobilindustrie
LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen entwickelt hochrecyclingfähige Aluminiumlegierungen für nachhaltige Fahrzeugstrukturen
Vom Abfall zum Wertstoff: Schrott als Schlüssel für neue Strukturen im Automobilbau
Die Automobilindustrie steht weltweit vor der Aufgabe, den wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Klimaschutz gerecht zu werden. Aluminium spielt dabei eine zentrale Rolle: Es ist leicht, stabil und ermöglicht eine energieeffiziente Mobilität. Doch die Primärproduktion des Metalls ist mit einem enormen Energieaufwand und erheblichen CO₂-Emissionen verbunden. Recyclingaluminium könnte hier einen entscheidenden Beitrag leisten, doch die schwankende Qualität der Schrottlegierungen erschwert bislang den großflächigen Einsatz in anspruchsvollen Anwendungen wie Struktur- und Sicherheitsbauteilen. Genau hier setzt das europäische Forschungsprojekt Digi4Circular an. Mit an Bord ist auch das LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen des AIT Austrian Institute of Technology, das seine umfassende Expertise in Legierungsentwicklung und Gießtechnik einbringt, um Recyclingaluminium industriell nutzbar zu machen.
Qualitätsschwankungen bremsen Recycling
Obwohl Recyclingaluminium enorme ökologische Vorteile bietet, bestehen nach wie vor Hürden bei der industriellen Nutzung. Unterschiedliche Zusammensetzungen des Schrotts führen zu variierenden mechanischen Eigenschaften, die die Verarbeitung oder den Einsatz in hochbeanspruchten Bauteilen verhindern können. Bisherige Lösungen beruhen oft auf energie- und kostenintensiven Prozessen wie Up- oder Downcycling, wodurch ein wesentlicher Teil des Nachhaltigkeitspotenzials verloren geht. Um die Transformation zu einer echten Kreislaufwirtschaft zu schaffen, müssen Materialien, Prozesse und Produktentwicklung daher enger miteinander verzahnt werden.
Digi4Circular: Digitalisierung als Hebel für Kreislaufwirtschaft
Im Rahmen von Horizon Europe gefördert, verfolgt Digi4Circular einen konsequent digitalen Ansatz. Mithilfe von Simulationsplattformen wie Synera soll die gesamte Prozesskette – von der Auswahl des Recyclingmaterials über die Legierungsentwicklung bis hin zur Bauteilauslegung – datenbasiert unterstützt werden.
So werden Bauteile bereits in der frühen Entwicklungsphase auf Recyclingfähigkeit ausgelegt, ohne Kompromisse bei Qualität oder Sicherheit eingehen zu müssen. Abhängig von der jeweils verfügbaren Schrottzusammensetzung können geeignete Legierungen identifiziert und optimal eingesetzt werden, ohne dass aufwendiges Up- oder Downcycling erforderlich ist. Ergänzt wird dieser Ansatz durch schnelle Lebenszyklus- und Kostenanalysen, die ökologische und ökonomische Auswirkungen direkt sichtbar machen. Ein zentrales Element des Projekts ist zudem die Einführung von Digitalen Produktpässen, die Materialflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette dokumentieren und so Transparenz und Rückverfolgbarkeit sicherstellen.
Beitrag des LKR: Werkstoffexpertise für den industriellen Einsatz
Das LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen des AIT Austrian Institute of Technology ist eines von zehn Partnern im europäischen Konsortium und bringt seine langjährige Erfahrung in der Legierungsentwicklung und Gießtechnik in das Projekt ein.
Im Mittelpunkt stehen die Entwicklung neuer Aluminiumlegierungen mit erhöhtem Recyclinganteil sowie die Untersuchung mikrostruktureller Effekte, die beim Einsatz von Schrottmaterial auftreten. Dabei geht es insbesondere darum, Phasenbildung und intermetallische Netzwerke so zu steuern, dass Duktilität, Festigkeit und Verarbeitbarkeit optimiert vermieden und die Prozesssicherheit verbessert werden. Damit übernimmt das LKR eine Schlüsselrolle, um die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in praxisgerechte Werkstofflösungen zu überführen und deren Anwendung in der Automobilindustrie zu sichern.
Katrin Mester, Projektleiterin am LKR, betont die Relevanz des Projekts: „Mit Digi4Circular schaffen wir die Grundlage, Schrott nicht länger als Abfall zu betrachten, sondern als wertvolle Ressource für neue Fahrzeugkomponenten. Digitale Tools ermöglichen es, je nach Schrottzusammensetzung die richtige Legierung auszuwählen und bei Bedarf sogar das Bauteildesign simulationsgestützt anzupassen. So können wir Recyclingaluminium auch in sicherheitskritischen Anwendungen nutzen und leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur Transformation hin zu echter Kreislaufwirtschaft.“
This project has received funding from the European Union’s Horizon 2024 research and innovation programme under grant agreement No 101177586, project Digi4circular.
