Lärmschutzwände entlang von Eisenbahnstrecken leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Anrainer:innen vor Lärmemissionen. Sie sind jedoch ständigen dynamischen Belastungen durch vorbeifahrende Züge ausgesetzt. Bisherige Normen basieren auf konservativen aerodynamischen Lastannahmen, was bei steigenden Geschwindigkeiten und Streckenkapazitäten häufig zu vorzeitigen und kostenintensiven Erneuerungen führt – insbesondere bei den tief gegründeten Pfostenkonstruktionen.
Das vom deutschen Bundesministerium für Verkehr (BMV) im Rahmen der mFUND-Initiative geförderte Forschungsprojekt „LSW-DOR – Datenbasierte Optimierung der Restnutzungsdauer für bestehende Lärmschutzwände an Eisenbahnstrecken des Bundes“ setzte genau hier an. Ziel war es, die tatsächlichen Beanspruchungen und Restnutzungsdauern von bestehenden Lärmschutzwänden im deutschen Streckennetz realitätsnah zu erfassen und zu bewerten.
Im Projektkonsortium unter Leitung der isea tec GmbH arbeiteten Expert:innen der DB InfraGO AG, des AIT Austrian Institute of Technology und der REVOTEC zt gmbH zusammen. Auf Basis umfangreicher Messungen aerodynamischer und zuginduzierter Belastungen sowie ergänzender Betriebs- und Netzparameter wurde eine Methodik entwickelt, die eine datenbasierte, realitätsnahe Beurteilung der technischen Restnutzungsdauer ermöglicht.
Zugtypspezifische Belastungsmodelle und Beanspruchungskollektive erlauben es, bisherige Normlastfaktoren mit Messdaten zu kalibrieren. Die Ergebnisse zeigen, dass frühere Annahmen in vielen Fällen stark konservativ sind. Das neu entwickelte Mehrstufenkonzept ermöglicht eine gezielte Zustandsbewertung und unterstützt Betreiber:innen bei der vorausschauenden Instandhaltungsplanung. Damit lassen sich sowohl Kosten als auch Materialeinsatz reduzieren und gleichzeitig die Nutzungsdauer bestehender Lärmschutzwände verlängern.
„Das gemeinsam entwickelte und vom AIT ausgearbeitete Mehrstufenkonzept zur Nachrechnung bestehender Lärmschutzwände ermöglicht erstmals die Einbeziehung realer Verkehrslasten“, erklärt Vazul Boros, Projektverantwortlicher am AIT. „Dadurch können bestehende Lärmschutzwände auch bei Erhöhung der Geschwindigkeiten oder steigender Zuganzahl sicher und wirtschaftlich länger betrieben werden.“
Das Verfahren wurde an drei ausgewählten Lärmschutzwänden validiert. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern eine fundierte Grundlage für die Praxisanwendung und für mögliche Anpassungen in den einschlägigen Regelwerken. Darüber hinaus schaffen sie wertvolle Datengrundlagen für die digitale Instandhaltung und das Infrastrukturmanagement im Schienenverkehr.
Projektlaufzeit: 10/2022 – 09/2025
Konsortium: isea tec GmbH (Koordination), DB InfraGO AG, AIT Austrian Institute of Technology GmbH, REVOTEC zt gmbH
Förderung: Bundesministerium für Verkehr (BMV), Forschungsinitiative mFUND