Direkt zum Inhalt
Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

EntKuRo

Entkupplungsroboter für den automatischen Rangierbahnhof

Die im europäischen Raum noch immer im Einsatz be­findliche Schraubenkupplung an Güterwagen verhindert einen effizienten und modernen, dem aktuellen Stand der Technik entsprechenden Betrieb im Güterverkehr insbesondere auch bei Rangierbahnhöfen. Vorhandene und bewährte Lösungen mit automatischen Kupplungen im Güterverkehr wurden bis heute in Europa nicht flächendeckend eingeführt. Dies führt dazu, dass die Schraubenkupplung wie zur Zeit ihrer Entwicklung (19. Jahrhundert) komplett manuell gehandhabt wird. Dabei zählt das Langmachen (manuelles Aufschrauben der Kupplung) und das Entkuppeln (Aushängen der Kupplung) mitunter zu den gefährlichsten und schwersten mechanischen Tätigkeiten.

Dieses Problem soll nun durch die Entwicklung einer automatischen Vorrichtung, bestehend aus mechanischen und sensorischen Komponenten, beseitigt werden. Um dieses Vorhaben zu realisieren, werden zunächst alle relevanten Prozessschritte analysiert und potentielle Lösungen entwickelt und getestet. Bereits in der Entwicklungsphase werden zusätzlich auch die Themen Arbeitssicherheit und Life Cycle Management mit eingebunden. Ein funktionierendes Sensorsystem zur Kontrolle aller mechanischen Teile ist für die Realisierung des Vorhabens unabkömmlich. Da es kein fertiges System für die genannten Anwendungen gibt, wird eigens für dieses Projekt ein Sensorkonzept entwickelt. Die Tests finden sowohl im Labor als auch im Rahmen von Feldversuchen am Verschiebebahnhof Linz statt.

Entkuppeln

Beim Entkuppeln wird die langgemachte Schraubenkupplung ausgehängt. Je nach örtlichen Gegebenheiten am Rangierbahnhof kann dieser Vorgang an rollenden oder stehenden Waggons durchgeführt werden. Das vorgestellte Konzept befasst sich mit rollenden Waggons. Basierend auf einem Kniehebelprinzip ist es möglich, mit zwei Seilantrieben, zuerst unterhalb der Schienenoberkante den Mechanismus auf Zuggeschwindigkeit zu beschleunigen und dann aufzurichten, bis die Kupplung aus dem Haken gehoben ist. Ein Herausheben der Kupplung aus dem Zughaken wird erst durch die charakteristische Form der Kontaktplatte möglich.

Langmachen

Das Langmachen erfolgt am stehenden Zug in der Einfahrgruppe des Rangierbahnhofes. Durch einen offenen Zahnkranz wird es möglich, den Mechanismus über die Kupplung zu stülpen. In weiterer Folge wird dieser Zahnkranz in eine Drehbewegung versetzt, nimmt durch eine Schaufel den Kupplungsschwengel mit und schraubt so die Kupplung auf. Auch das Positionieren des Kupplungsschwengels und das Öffnen der Bremsschläuche erfolgt automatisch.

Sensorik

Zur Bewältigung der automatisierten Trennung ist eine zuverlässige und robuste Sensorik mit entsprechender Software unerlässlich. Diese übernimmt u.a. die Erkennung der Kupplung sowie deren Status, die Bestimmung der Kupplungsposition und der Zuggeschwindigkeit. Zum Einsatz kommt ein Verbund aus mehreren Sensoren wie Radar, Radsensor und Laserdistanzsensor, deren Ergebnisse mit einem Kalman Filter fusioniert werden.

Life Cycle Management und Arbeitssicherheit

Bereits in der Entwicklungsphase wurde ein Konzept für das Product-Life-Management (PLM) entwickelt. Dabei wurde herausgearbeitet, welche Aspekte berücksichtigt werden müssen, um einen nachhaltigen Entkupplungsroboter zu produzieren. Ein besonderer Fokus wurde hierbei auf die Ökobilanz gelegt. Die Arbeitssicherheit stellt in diesem Projekt ebenfalls ein zentrales Thema dar, zumal der Bahnbetrieb aufgrund diverser systembedingter Gefahren besonders streng reguliert ist. Deshalb werden in einer eigens entwickelten Bedienungsanleitung alle relevanten projektbezogenen Vorschriften zusammengefasst. Die Einbindung des Themas Arbeitssicherheit fand bereits in der frühen Planungsphase, während des technischen Designs, statt und wurde kontinuierlich bis hin zum praktischen Einsatz des Entkupplungsroboters berücksichtigt.

 

Das Projekt „EntKuRo: Automatisierter Entkupplungsprozess für Verschiebebahnhöfe“ wurde im Rahmen des sechsten Ergebnis- und Vernetzungsworkshops vom bmvit und der FFG mit dem AUTUMN AWARD 2017 ausgezeichnet.