Am 1. und 2. Dezember 2025 fand im historischen Minoritenkloster in Tulln an der Donau die Konferenz DigAgro 2025 – Digitalization in Agroecology and Crop Production statt. Rund 70 Fachleute aus Forschung, Technologieentwicklung und landwirtschaftlicher Praxis diskutierten, wie Digitalisierung Agroökosysteme, Pflanzenproduktion und Mikrobiomforschung unterstützt – von Smart-Farming-Anwendungen über digitale Pflanzenphänotypisierung bis hin zu datengetriebenen Modellen für agrarökologische Systeme. Organisiert wurde DigAgro 2025 von der AIT Bioresouces Unit im Rahmen der niederösterreichischen Forschungs- und Innovationsinitiative d4agrotech. Neben 22 Vorträgen und 23 Posterpräsentationen waren interaktive und praxisorientierte Formate wie eine Podiumsdiskussion zu „Promises and challenges for digitalization in agriculture“ sowie ein Workshop des Konsortiums FAIRagro zu FAIRen Forschungsdaten und digitalen Datenmanagementsystemen für die Agrarforschung wichtige Programmpunkte.
Die Landwirtschaft steht gleichzeitig vor steigenden Anforderungen an Produktivität und Resilienz sowie an Klima- und Ressourcenschutz. Extremwetterereignisse, neue Schaderreger, der Verlust der Biodiversität und der Druck, Betriebsmittel effizienter einzusetzen, machen Entscheidungen im Feld zunehmend komplex.
Digitale Technologien können hier ein wichtiger Hebel sein: Sensorik, Fernerkundung, Modellierung und KI liefern relevante Informationen über Böden, Pflanzen, Schädlinge und Witterung, die sich zu Entscheidungsgrundlagen für Betriebe, Züchtung und Beratung verdichten lassen. Insbesondere die automatisierte Erfassung und rasche, verlässliche Beurteilung des Phänotyps von Nutzpflanzen unter komplexen Feldbedingungen, d.h. Interaktionen mit Umweltbedingungen, Erdreich und biologischen Faktoren wie dem Mikrobiom, spielen dabei eine wichtige Rolle. Neben Hinweisen zum Zustand der Kultur und Anhaltspunkten zu möglichen Managementmaßnahmen, ist dieser Ansatz äußerst relevant für die Beschleunigung von Züchtungsprogrammen und für die Entwicklung innovativer Produkte zur Stärkung und Schutz der Nutzpflanzen im Feld, wie beispielsweise biologische und mikrobielle Mittel. In der Praxis bleiben Daten und Anwendungen jedoch oft fragmentiert – mit unterschiedlichen Formaten, Plattformen und Standards. Ohne abgestimmte Datenräume und klare Prinzipien für Datenqualität und -nutzung entsteht leicht ein Flickwerk einzelner Lösungen, das Betriebe eher belastet als entlastet.
DigAgro 2025: Direkter Austausch von Forschung, Industrie und Anwendug
Vor diesem Hintergrund setzte DigAgro 2025 auf ein kompaktes Format mit intensiver Interaktion. Die Konferenz spannte in zwei Tagen den Bogen von Technologien für Smart Farming über digitale Werkzeuge der Pflanzenphänotypisierung bis zu digitalen Innovationen in der Agroökologie sowie der integrativen Erhebung und Verwertung von Multi-omics-Daten für die Mikrobiomforschung. In den 4 thematischen Sessions wurden in hochkarätigen Fachvorträgen und Posterpräsentationen 1) Entwicklungen in Sensorik, Robotik, Automatisierung und datengestützten Entscheidungsunterstützungssystemen, 2) Methoden und Plattformen für hochauflösendes und automatisiertes Pflanzenmonitoring, 3) digitale Lösungen für nachhaltige Anbausysteme, Biodiversitätsmonitoring und ökologische Managementstrategien sowie die Relevanz von Stakeholder-Interaktionen, und 4) die Integration biologischer Hochdurchsatzdaten zur Analyse von Pflanze-Mikroben-Interaktionen und deren Modellierung diskutiert.
Die rund 70 Teilnehmenden nutzten Fachvorträge, Poster, Diskussionsrunden und den Round Table, um Anforderungen, Grenzen und Einsatzmöglichkeiten digitaler Werkzeuge konkret zu diskutieren – von der Versuchsparzelle über Züchtungsprogramme bis in die betriebliche Anwendung. Die überschaubare Größe schuf eine direkte Gesprächsbasis: Entwickelnde, Forschende und Anwender:innen konnten sehr konkret darüber sprechen, welche Daten, Schnittstellen und Funktionen in der Praxis tatsächlich benötigt werden.
Ein wichtiger inhaltlicher Fokus lag auf Datenqualität und Datenmanagement. Der FAIRagro-Workshop zu „FAIR research data and digital management systems for agrosystems research“ zeigte, wie Forschungsdaten so organisiert werden können, dass sie auffindbar, zugänglich, interoperabel und nachnutzbar sind. Deutlich wurde, dass technische Lösungen immer eng mit Fragen der Governance, der Standardisierung und der Schulung der Anwender:innen verbunden sein müssen.
Das AIT und die d4agrotech-Initiative machten diese Themen anhand laufender Projekte greifbar. So nutzt etwa WheatVIZ UAV-gestützte Fernerkundung, maschinelles Lernen und genomische Daten, um die Züchtung trockenstresstoleranter Weizensorten zu unterstützen. PredictBeetWeevil entwickelt datenbasierte Modelle zur Vorhersage des Rübenderbrüsslers im Zuckerrübenanbau. Beide Projekte verdeutlichen, wie digitale Methoden, Agronomie und Datenräume ineinandergreifen, um Entscheidungshilfen zu schaffen, die sich in agrarische Praxis übersetzen lassen. Diese Beispiele verdeutlichen die Relevanz von Phänotypisierung von Nutzpflanzen und der Verschneidung vielschichtiger Daten, um Verbesserungsansätze in der Praxis zu unterstützen, die von der Züchtung, über landwirtschaftliche Managementmethoden, bis zur Entwicklung neuer Lösungen zur Unterstützung des Pflanzenbaus wie z.B. biologischer/mikrobieller Produkte reichen.
„Mit DigAgro schaffen wir einen Raum, in dem Agrarökologie, Digitalisierung und Praxis auf Augenhöhe zusammenkommen. Entscheidend ist, dass Daten und Modelle am Feld ankommen, als konkrete Unterstützung für Betriebe, Züchtung und Politik. Die Gespräche in Tulln haben gezeigt, wie stark diese Verbindung von Technologie, Biologie und Anwendung bereits im Fokus steht.“ erklärt Angela Sessitsch, Head of Center for Health & Bioresources am AIT und Head of Conference DigAgro 2025:
Von Tulln in Projekte, Datenräume und Anwendungen
Die Diskussionen in Tulln haben deutlich gemacht, dass Digitalisierung in der Landwirtschaft heute nicht mehr als isoliertes Technologiethema betrachtet wird. Fragen zu Dateninfrastruktur, KI-Modellen und digitalen Werkzeugen sind integraler Bestandteil agrarischer Innovationsprozesse – und entscheiden mit darüber, ob agrarökologische und ökonomische Ziele gleichzeitig erreicht werden können.
Für das AIT, die d4agrotech-Initiative und ihre Partner bedeutet dies, die in Tulln diskutierten Themen in konkreten Kooperationen weiterzuführen: bei der Weiterentwicklung digitaler Phänotypisierungsansätze, beim Aufbau robuster Datenräume für Agrarforschung und -praxis sowie bei Vorhersagemodellen, die Betriebe bei klima- und ressourcenschonenden Entscheidungen unterstützen.
Mit DigAgro 2025 hat das AIT einen Rahmen geschaffen, in dem diese Fragen offen, kritisch und praxisnah verhandelt werden konnten – auf direkter Gesprächsbasis zwischen all jenen, die die digitale Zukunft einer nachhaltigen Landwirtschaft mitgestalten.
Mehr Informationen:
https://www.digagro2025.com/
https://www.d4agrotech.at/