Die Luftfahrtindustrie steht vor der Herausforderung, ihren CO₂-Ausstoß drastisch zu senken, ohne dabei die globale Vernetzung und wirtschaftliche Entwicklung zu gefährden. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) hat das Ziel ausgegeben, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Ein wichtiger Beitrag dazu kommt vom EU-geförderten Clean-Aviation-Programm, das neue Flugzeug- und Antriebstechnologien für Kurz- und Mittelstreckenflüge entwickelt.
Durch die Skalierung dieser Technologien für Langstreckenflugzeuge unter Verwendung nachhaltiger Flugkraftstoffe rechnet Clean Aviation mit einer Reduktion der CO₂-Emissionen um 30 %, wobei die Markteinführung nach 2040 geplant ist. Für eine wirklich klimaneutrale Luftfahrt sind jedoch noch weitreichendere Innovationen in der Flugzeugkonfiguration und Antriebstechnologie erforderlich.
Flugtestplattformen zur Risikominimierung disruptiver Flugzeuge
Genau hier setzt das EXAELIA-Projekt an: Es zielt darauf ab, die Entwicklung neuartiger Flugzeugkonzepte zu beschleunigen, damit diese zwischen 2045 und 2050 marktreif werden. Die Entwicklung radikal neuer Flugzeugkonzepte erfordert hohe Investitionen und birgt erhebliche Risiken. Das Ziel von EXAELIA ist es daher, fliegende Testplattformen zu evaluieren, die zur Risikominimierung bei der Entwicklung dieser innovativen Langstreckenflugzeuge benötigt werden.
Neue fliegende Testplattformen werden dazu beitragen, die Reduzierung aller luftfahrtbedingten Emissionen sowie deren Klima- und Umweltauswirkungen bis 2050 zu beschleunigen. EXAELIA wird speziell für die kritischsten Flugtest-Herausforderungen der disruptiven Langstreckenflugzeuge Testplattformen vorentwerfen – mit dem zusätzlichen Ziel, diese Plattformen auch für weitere zukünftige Flugtestanforderungen wiederverwenden zu können.
Potenzielle Emissionsreduktion und kritische Unsicherheiten
EXAELIA untersucht mithilfe fortschrittlicher multidisziplinärer digitaler Methoden das Potenzial zur Emissionsreduktion im Langstreckenluftverkehr. Besonders vielversprechend sind dabei Blended-Wing-Body- (BWB) und wasserstoffbetriebene Tube-and-Wing-Konzepte mit innovativen Antriebssystemen und Technologien. BWB-Flugzeuge integrieren Rumpf und Flügel zu einer aerodynamisch optimierten Einheit, wodurch der Luftwiderstand und der Treibstoffverbrauch verringert werden. Tube-and-Wing-Konzepte setzen auf nachhaltige Wasserstoffantriebe, erfordern jedoch angepasste Rumpfdesigns, um den kryogenen Wasserstoff sicher zu lagern. Zudem werden Tragflächen mit hohem Seitenverhältnis eingesetzt, um die aerodynamische Effizienz und die Gesamtleistung zu verbessern.
In diesem Zusammenhang identifiziert EXAELIA kritische Unsicherheiten, insbesondere solche, die eine Flugvalidierung erfordern, um Risiken in der zukünftigen Flugzeugentwicklung zu minimieren – etwa unbekannte Faktoren im Bereich der Flugdynamik und Steuerung bei niedrigen Geschwindigkeiten.
Für Flugtestanforderungen, die über die Einsatzmöglichkeiten bestehender Anlagen hinausgehen, werden Entwürfe neuartiger fliegende Testplattformen entwickelt, die effizient die Anforderungen an Flugtests auf potenziell kostspieligen, großformatigen modularen Prüfständen vereinen. Eine Roadmap sowie detaillierte Businesspläne werden erstellt, um die Weiterentwicklung der EXAELIA-Testplattformen voranzutreiben und deren Einsatz bei der Entwicklung zukünftiger Langstreckenflugzeuge zu sichern.
AIT ist Teil eines hochkarätigen Konsortiums
Das EXAELIA-Projekt hat eine Laufzeit von 42 Monaten und wird von einem starken Konsortium aus 23 Partnern aus 13 europäischen Ländern getragen. Es umfasst führende Forschungseinrichtungen, Universitäten und innovative KMUs, die gemeinsam an der Luftfahrt der Zukunft arbeiten. Ein Advisory Board mit Vertreter:innen von Unternehmen wie Airbus, Safran, Rolls-Royce und MTU unterstützt das Projekt mit strategischer Beratung.
Das AIT Austrian Institute of Technology bringt seine Expertise in verschiedenen technologischen Schlüsselbereichen ein. Die spezifischen Aufgaben des AIT umfassen:
- Untersuchung der Vereisungscharakteristik (Inflight Icing Performance) neuer Langstreckenflugzeugkonfigurationen und Testplattformen, um deren Flugsicherheit zu optimieren.
- Simulation von Wasserstoff-Brennstoffsystemen, um die Integration von Wasserstoff als nachhaltige Energiequelle zu analysieren und zu verbessern.
- Entwicklung struktureller Batterien und multifunktionaler elektrischer Energiespeichersysteme, die eine gewichtseffiziente Energiespeicherung ermöglichen.
- Bewertung der Klima- und Umweltwirkungen der Luftfahrt, um fundierte Strategien zur Reduktion von Emissionen zu entwickeln.
Alessandro Zanon, Senior Scientist am AIT, fasst zusammen: „Die Luftfahrt steht vor einem notwendigen Wandel, um langfristig nachhaltiger zu werden. EXAELIA ermöglicht es, bahnbrechende Flugzeugkonzepte systematisch weiterzuentwickeln und in die Praxis zu überführen. Durch die gezielte Nutzung von Flugerprobungsträgern können wir technologische Risiken minimieren und die Innovation in der Luftfahrt entscheidend beschleunigen.“
Projektkonsortium
National Aerospace Laboratory (NLR) – Projektkoordinator
AIT Austrian Institute of Technology
Aristotle University of Thessaloniki
CEiiA – Centro de Engenharia e Desenvolvimento
Centro Italiano Ricerche Aerospaziali (CIRA)
Delft University of Technology
EASN-Technology Innovation Services (EASN-TIS)
INCAS – Institutul Național de Cercetare-Dezvoltare Aerospațială
Instituto Nacional de Tecnica Aeroespacial (INTA)
Office national d'etudes et de recherches aerospatiales (ONERA)
Sieć Badawcza Łukasiewicz – Instytut Lotnictwa (ILOT)
Technische Universität Braunschweig
University of Naples Federico II
Projektwebsite