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Technologie aus Seibersdorf im Weltall

29.04.2024

Am 9. Oktober morgens startete der Kleinsatellit PRETTY in seine Erdumlaufbahn in rund 550 Kilometern Höhe. Mit an Bord ist ein hochgenaues Strahlungsmessgerät aus dem Hause AIT.

Es ist bereits der fünfte Satellit im Weltall, der von österreichischen Forscher:innen – federführend dabei ist die TU Graz – konstruiert wurde: Zehn Jahre nach dem Erstling TUGSAT-1/BRITE-Austria startete am 9. Oktober um 03:36 der Satellit PRETTY an Bord einer Vega-C-Rakete von Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana. Ein wesentliches Instrument auf dem Satelliten, nämlich ein Strahlungsmessgerät, wurde von Seibersdorf Laboratories, einer 100-Prozent-Tochter des AIT Austrian Institute of Technology, gebaut.
So wie seine Vorgänger ist PRETTY – das Kürzel steht für „Passive REflecTromeTry and dosimeTrY“ – ein sogenannter „CubeSat“, also ein Kleinststellit aus würfelförmigen Modulen. Er ist 10x10x34 Zentimeter klein und hat ein Gewicht von rund fünf Kilogramm. Zwei ausklappbare Solarpaneele haben dazu noch eine Größe von jeweils 20x30 Zentimeter. Und wie auch seine Vorgänger dient er wissenschaftlichen Zwecken: Einerseits führt ein passives Reflektometer (gebaut von Beyond Gravity und TU Graz) eine genaue Vermessung der Erdoberfläche durch – z.B. der Wellenhöhe der Ozeane oder der Höhe des Gletschereises in Grünland, deren Veränderungen etwas über das Klimageschehen aussagen. Dafür werden jene Signale genutzt, die von Navigationssatelliten ständig abgestrahlt werden. Andererseits misst ein Messgerät namens SATDOS, das in Seibersdorf entwickelt, gebaut und getestet wurde, die Strahlungsumgebung (Sonnenstürme, kosmische Strahlung) im Weltraum. Diese Daten sind u. a. wichtig für die Zuverlässigkeit und Lebensdauer von Satelliten.  

Satelliten sind im Weltraum einer sehr herausfordernden Umgebung ausgesetzt. „Weltraumwetterereignisse, wie beispielsweise Sonnenstürme, haben Auswirkungen auf den Flugverkehr, Kommunikations- und Navigationssysteme, sowie auf die Stromversorgung auf unserer Erde und können Satelliten und Astronauten im All gefährden“, so Peter Beck, Leiter Strahlenschutz, Weltraumwetter und Strahlungsfestigkeit bei Seibersdorf Laboratories. „Daher sind Prüfungen bezüglich Strahlungsfestigkeit von Satellitenkomponenten essenziell für die Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit von Weltraummissionen.“ Seibersdorf Laboratories stellt der internationalen Weltraumindustrie Prüfungen auf Strahlungsfestigkeit als kommerziellen Service zur Verfügung – in Europa gibt es nur eine Handvoll vergleichbarer Testeinrichtungen.

Strahlungsumgebung im Weltall

Das Dosimeter wird wichtige Erkenntnisse zu Sonnenaktivität und Weltraumwetter liefern. „SATDOS überwacht kontinuierlich die Dosisleistung im Orbit. Die gesammelten Daten ermöglichen die Erstellung von Karten der Strahlungsumgebung der Erde und die Reaktion auf Weltraumwetterereignisse wie Sonnenstürme“, erläutert Christoph Tscherne, Projektleiter für PRETTY bei Seibersdorf Laboratories. „Damit trägt die Referenzdosimetrie-Plattform SATDOS zur Nachhaltigkeit von Weltraummissionen bei.“, ergänzt Tscherne.
PRETTY, der nun in rund 550 Kilometern Höhe mit mehr als 25.000 km/h unterwegs ist, soll zumindest ein Jahr lang wertvolle Daten liefern. Die Erfahrungen mit bisherigen Nanosatelliten zeigen freilich, dass diese wesentlich länger funktionstüchtig bleiben. Die Daten werden alle 90 Minuten an die Bodenstation an der TU Graz übermittelt. Ausgewertet werden sie von einem europäischen Forscher:innen-Netzwerk. Der Bau von PRETTY – investiert wurden 2,5 Mio. Euro – wurde vom Klimaschutzministerium (BMK) über die Europäische Weltraumagentur (ESA) finanziert.