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Arbeiten an einer Maschine im Additive Manufacturing Laboratory

Leichtmetalle für mehr Klimaschutz

01.09.2020

Leichtbau durch die Anwendung von Aluminium- und Magnesiumlegierungen wird immer wichtiger, um im Fahr- und Flugzeugbau Gewicht zu sparen und folglich den Treibstoffverbrauch zu senken. Bei den 11. Ranshofener Leichtmetalltagen werden viele Innovationen und Zukunftstechnologien aus dem Bereich der Aluminium- und Magnesiumwerkstoffe vorgestellt.

Arbeiten im Additive Manufacturing Labor

Je leichter ein Fahr- oder Flugzeug ist, umso geringer ist die Masse, die bewegt werden muss, und umso geringer sind auch der Treibstoffverbrauch und die Schadstoff- und CO2-Emissionen. Leichtbau ist daher in diesen Bereichen ein wesentlicher Innovationstreiber. Ein 50-köpfiges Team am LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen, einem Tochterunternehmen des AIT Austrian Institute of Technology, erforscht seit Jahren Leichtmetalle auf Basis von Aluminium und Magnesium, um effiziente, sichere und umweltverträgliche Mobilitätslösungen zu entwickeln.

Das erfordert einerseits nachhaltige, effiziente Herstellprozesse für Materialien, um den Energie- und Ressourcenverbrauch bereits in der Produktion drastisch reduzieren zu können. Andererseits müssen die Materialien den Anforderungen für den Einsatz in höchst beanspruchten Bauteilen, z. B. in der neuen Elektromobilität, gerecht werden. Aluminium und Magnesium sind außerdem wertvolle Recycling-Materialien, sie bieten einen attraktiven Anreiz zur wirtschaftlichen Wiederverwertung.

rundes Bauteil aus Leichtmetall

Im Additive Manufacturing Laboratory entwickeln und erproben Forscher*innen des LKR Leichtmetallkompetenzzentrums Ranshofen Methoden zum 3D-Druck mit Aluminium- und Magnesiumlegierungen.
©LKR

Drahtbasierte Fertigung am LKR

Was kaum jemand weiß: Mit Leichtmetallen kann man auch 3D-drucken. Der Begriff „3D-Druck“ wird umgangssprachlich häufig als Synonym für „Additive Fertigung“, „Generative Fertigung“ oder „Additive Manufacturing“ verwendet. Bei diesen Technologien werden Bauteile schichtweise durch Zufügen – also durch Addition – von Material ohne formgebende Werkzeuge generiert. Die Grundlage des Bauteils und deren Produktion basiert auf einer 3D-CAD-Datei, die im Computer erstellt wurde. Bei herkömmlichen Verfahren sind Werkzeuge oder Formen notwendig – das entfällt beim 3D-Druck. Es gibt ein breites Band an möglichen Materialien in Form von Drähten oder Pulver. Im Fokus stehen dabei zur Zeit Kunststoffe und Metalle. Ein Verfahren, welches zur Additiven Fertigung von Metallen verwendet wird, ist die sogenannte „drahtbasierte Additive Fertigung“ – auch „Wire-based Additive Manufacturing“ oder kurz Wire-AM genannt

Um der drahtbasierten Additiven Fertigung als Schlüsseltechnologie in der Industrie zum Durchbruch zu verhelfen, erforschen Wissenschaftler*innen am LKR bereits seit mehreren Jahren diese robuste Fertigungstechnologie sowie die notwendigen Drähte, die u. a. neu entwickelt werden. In einer hauseigenen smarten Drahtfertigungsroute werden neue Aluminium- und Magnesiummaterialien vergossen, zu Schweißdrähten gepresst und aufgehaspelt. „Im Additive Manufacturing Laboratory können diese neu entwickelten Drähte mittels werkstoffspezifischer Prozessführung, einem mehrachsigen Robotiksystem und modernsten Brennertechnologien zu einem komplexen 3D-Bauteil aufgebaut werden“, erläutert Martin Schnall, Prozessingenieur im Additive Manufacturing Laboratory am LKR.

Numerische Simulation

Durch numerische Simulation werden die Eigenschaften von Wire-AM-Bauteilen sowie die Herstellungsprozesse optimiert.
©LKR

Optimierung der Materialqualität

„Zusätzlich zu den experimentellen Schweiß- und Wire-AM-Entwicklungen werden am LKR auch verwandte Themen wie Werkstoff- und Prozesssimulation auf Basis der Finite-Elemente-Methode, Online-Monitoring, Data Management, CAD-CAM-Schnittstelle und Inline-Prozessregelung erforscht“, umreißt Stephan Ucsnik, Thematic Coordinator im Bereich Material based design am LKR, einige weitere Forschungsschwerpunkte. Der Fokus der Forschung liegt künftig auf der Optimierung der Materialqualität, der Prozessstabilität sowie der Entwicklung geeigneter Konstruktionsprinzipien für Wire-AM-Bauteile. Um den Einsatz in der industriellen Praxis voranzutreiben, werden insbesondere Online-Messmethoden und numerische Simulationen zur gezielten Prozessüberwachung entwickelt: Kommt es zu Qualitätsabweichungen, sollen umgehend die entsprechenden Prozessparameter angepasst werden.

„Mit dem Forschungsfokus auf den Leichtmetallen Aluminium und Magnesium leistet das LKR einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von effizienten, sicheren und umweltverträglichen Mobilitätslösungen“, erläutert Christian Chimani, Geschäftsführer des LKR und Veranstalter der 11. Ranshofener Leichtmetalltage, die heuer am 3. September stattfinden – Corona-bedingt erstmals in digitaler Form. Bei dieser Tagung werden traditionell Neuigkeiten aus Wissenschaft, Forschung und Technologieentwicklung im Bereich Leichtmetalle ausgetauscht.

Arbeiten an einer Maschine im Additive Manufacturing Laboratory

Bei der „drahtbasierten Additiven Fertigung“ (Wire-AM) wird aus speziellen Drähten mithilfe eines Roboters und modernsten Brennertechnologien ein komplexes 3D-Bauteil aufgebaut – Schicht um Schicht durch Zufügen von Material. Die Form wurde im Computer erstellt, es bedarf keiner formgebenden Werkzeuge.
©LKR

11. Ranshofener Leichtmetalltage

Leichtmetalle haben spezielle Eigenschaften, auf die Rücksicht genommen werden muss und die beispielsweise durch Änderungen in der Zusammensetzung einer Legierung oder durch spezielle Behandlungsmethoden optimiert werden können. Bei den diesjährigen Leichtmetalltagen wird der Fokus auf die drei Schwerpunkte „Werkstoffentwicklung und Materialcharakterisierung“, „Prozessentwicklung – experimentell und numerisch“ sowie „Zukunftstechnologien“ gelegt. Die Beiträge kommen u. a. von renommierten Forscher*innen der Montanuniversität Leoben, der TU Graz, der TU München, der ETH Zürich oder von international bekannten Unternehmen wie der AMAG Austria Metall GmbH.

Experten des LKR stellen bei den Leichtmetalltagen beispielsweise eine neue Aluminiumlegierung – ein Al-Zn-Mg-Cu-System – vor, aus der sich mithilfe von Wire-AM sogar Strukturbauteile eines Flugzeugrumpfes herstellen lassen. Diese Neuigkeit ist ein Ergebnis der jahrelangen Arbeit am LKR zur Erforschung und Entwicklung von Wire-AM-tauglichen Schweißdrähten aus Aluminium- und Magnesiummaterialien.