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Fahrendes Labor beim Vermessen

Fahrendes Labor kann Leben retten

21.01.2020

Motorradfahrende sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Ein vom AIT gemeinsam mit der TU Wien entwickeltes Messmotorrad trägt dazu bei, das Unfallrisiko entscheidend zu senken. Als fahrendes Labor identifiziert es Gefahrenstellen, die entschärft werden können, noch bevor etwas passiert. Wie das im Detail funktioniert, lesen Sie im Blog.

„Wenn ein Unfall passiert, ist es schon zu spät“, sagt Klemens Schwieger. Der Experte am Center for Mobility Systems des AIT beschäftigt sich mit Verkehrssicherheit – und er will eingreifen, noch bevor etwas passiert. Schwiegers Partner dabei: das Motorcycle Probe Vehicle (MoProVe). Für dieses Messmotorrad haben das AIT und die Technische Universität Wien eine KTM 1290 Superadventure umgebaut und mit hochentwickelter Technik vollgepackt. Motorradfahrende sind auf der Straße besonders gefährdet. Im Jahr 2018 gab es in Österreich bei Verkehrsunfällen insgesamt 400 Todesopfer, 99 davon waren Biker*innen. Und das, obwohl zehn Mal mehr PKW als Motorräder unterwegs sind. Es ist klar, dass dringend etwas getan werden muss. „Jeder Unfall ist einer zu viel“, betont Schwieger.

Gefährliche Stellen finden und entschärfen

Ob ein Unfall passiert, hängt zumeist von zwei Dingen ab: dem Straßenzustand und dem Verhalten des Fahrers oder der Fahrerin. Das Forscherteam will beliebte Motorradstrecken analysieren und dabei herauszufinden, wo das Unfallrisiko besonders hoch ist. Hier kommt das MoProVe ins Spiel. Dieses fahrende Labor ist weltweit einzigartig: Seine hochgenauen Messsysteme sammeln während der Ausfahrt ständig Daten zu Geschwindigkeit, Beschleunigung, Bremsweg, Schräglage oder Position des Motorrads. Die Gruppe der Testfahrenden ist bunt gemischt: Frauen und Männer mit ganz unterschiedlichem Körperbau. Um auch möglichst viele Fahrstile in die Untersuchung einzubeziehen, waren sie einmal besonders vorsichtig, dann aber auch mit normalem Risiko oder sportlich unterwegs. 

Ausgewertet werden die Daten mit einem sogenannten „Deep Learning Algorithmus“. Dabei nutzt ein Computer Lernmethoden, die ähnlich wie das menschliche Gehirn funktionieren. Die Rechner sind dadurch in der Lage, Vorhersagen zu treffen. Das ist entscheidend, um präventiv zu handeln. Schwieger: „Wir können prognostizieren, wo Unfälle verstärkt auftreten, oder in Zukunft auftreten werden.“ Auf dieser Grundlage können Straßenerhalter mit präziser Information versorgt werden, damit sie Gefahrenstellen punktgenau entschärfen können.

„Sicherheit objektiv messbar machen“

Ein noch umfassenderes Bild bekommen die Forschenden, wenn sie die mit Hilfe des MoProVe gewonnenen Erkenntnisse mit jenen kombinieren, die von den Mess-PKW oder Mess-LKW des AIT über den Straßenzustand geliefert werden. Überdies werden Informationen zu Wetterlage und Verkehrsaufkommen berücksichtigt. „Unser Anspruch ist es, Sicherheit objektiv messbar zu machen“, fasst Schwiegers Kollege Peter Saleh zusammen.

Aber das ist noch nicht alles: Es wird auch möglich sein, Fahrenden rechtzeitig zu warnen, wenn sie sich auf eine solche Stelle zubewegen. Und: Sobald die Piloten in Gefahr geraten, die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren, werden sie von Assistenzsystemen auf modernen Motorrädern darauf aufmerksam gemacht. Das verschafft den Biker*innen in einer Extremsituation jene entscheidenden Sekundenbruchteile, die es ihnen erlauben, Unfälle noch zu vermeiden. „Das kann Menschenleben retten“, sagt Schwieger.

Die vom Messmotorrad gesammelten Daten werden mit einem neuartigen Deep Learning Algorithmus ausgewertet. Diese Methode erlaubt es Computern, Voraussagen zu treffen. Das ist unerlässlich, um an neuralgischen Passagen vorbeugend die Verkehrssicherheit zu erhöhen.