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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Energieszenarien und Energiesystemplanung

Zukunft der Energie: Szenarien und Planung für eine nachhaltige Energiewende

Der Energiesektor in Österreich, Europa und weltweit befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, angetrieben durch die dringende Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen. Zentrale Aspekte sind die Reduktion von CO₂-Emissionen, der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Erhöhung der Energieeffizienz. Die Integration fluktuierender Energiequellen wie Wind- und Solarenergie in bestehende Stromnetze bringt technologische und infrastrukturelle Herausforderungen mit sich. Gleichzeitig müssen soziale, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen angepasst werden, um die Akzeptanz und Umsetzung dieser Transformation zu fördern. Zudem erfordert die Dekarbonisierung der Industrie und Mobilität innovative Lösungen und erhebliche Investitionen.


Um die Schaffung der dafür notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und politischen Entscheidungen wissenschaftlich zu unterstützen, sind umfassende Analysen erforderlich. Eine umfassende und integrierte Energiesystemmodellierung bzw. -planung erscheint hierfür von zentraler Bedeutung.
 

Das Forschungsfeld Energieszenarien und Systemplanung ist Teil des Bereichs Integrierte Energiesysteme und konzentriert sich auf die Modellierung und Optimierung zukünftiger integrierter Energiesysteme.
 

Dekarbonisierungspfade für Industrie, Fernwärmenetze oder Regionen

Wir erarbeiten maßgeschneiderte Dekarbonisierungsstrategien, die auf verschiedenen geografischen und sektoralen Ebenen anwendbar sind. Insbesondere im österreichischen Industriesektor, der vor großen Herausforderungen steht, unterstützen wir dabei, nachhaltige und zukunftssichere Lösungen zu entwickeln. Mit unserem systemischen Ansatz leiten wir hinsichtlich Unsicherheiten (Preise, Verfügbarkeiten, Klimafolgen) robuste und resiliente Dekarbonisierungspfade ab, die individuell auf Ihre Anforderungen zugeschnitten sind. Aufbauend auf erfolgreichen Forschungsaktivitäten wie dem NEFI Lab stellen wir sicher, dass unsere Partner von innovativen und praxisnahen Ergebnissen profitieren, um Ihre Dekarbonisierungsziele effizient zu erreichen.

Um die Dekarbonisierungs-Roadmap für die österreichische Industrie weiterzuentwickeln, nutzen wir Ergebnisse aus bisherigen und laufenden Rahmenprogrammen. Dabei integrieren wir neue Erkenntnisse, bewerten Auswirkungen und leiten Empfehlungen für Politik und Industrie ab. Ein wichtiger Teil dieser Arbeit ist die Analyse von geografischen Abhängigkeiten, etwa hinsichtlich der vorhandenen und geplanten Netzinfrastruktur, sowie der Verfügbarkeit und der Preise von Schlüsselenergieträgern wie Wasserstoff und Strom, die für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Industrie notwendig sind.

Planung integrierter Energieinfrastrukturen, einschließlich Ressourcen, Waren und Logistik

Planungsprozesse für immer stärker integrierte Energieinfrastrukturen sind ein wichtiges Thema in Politik und Wirtschaft. Ein Beispiel dafür ist der integrierte österreichische Netz-Infrastrukturplan (NIP). Trotz der etablierten Planungsprozesse auf Bundesebene gibt es einen großen Bedarf an Analysen, die auf verschiedenen geografischen Ebenen oder in unterschiedlichen Sektoren durchgeführt werden.

Das AIT hat bereits mehrere Forschungsprojekte erfolgreich durchgeführt bzw. gestartet, zum Beispiel zur Wasserstoff-, Fernwärme- und Fernkälteinfrastruktur sowie zu den verfügbaren erneuerbaren Energieressourcen. Ganzheitliche und integrierte Analysen, die verschiedene Energieträger kombinieren sowie logistische Aspekte und systemische Wechselwirkungen berücksichtigen stehen hierbei oftmals im Vordergrund.

Im Detail bedeutet dies Forschung auf folgenden Ebenen:

Planung und Bewertung integrierter Energieinfrastrukturen

Planung für Gas, Strom, Wärme und Logistik-Aspekte auf verschiedenen Ebenen (regional, national, europäisch), unter Berücksichtigung von Klimafolgen, Synergien zwischen Infrastrukturen und Energieträgern sowie der erforderlichen Logistik von Energieträgern wie Wasserstoff oder Bioenergie in ihren verschiedenen Formen.

Bewertung von Gasflüssen in österreichischen Gasnetzen (einschließlich Speicher): Für allgemeine Systemsimulationen reicht oft ein vereinfachter Ansatz, der die Physik der Gasflüsse außer Acht lässt. Für die technische Machbarkeitsprüfung der Integration erneuerbarer Gase ist jedoch eine detailliertere Analyse nötig. Das AIT erarbeitete daher ein Modell zur physikalischen Bewertung der Gasflüsse, welches diverse Herausforderungen wie schwankende Einspeisungen, unterschiedliche Druckniveaus in den Gasnetzen und die Einhaltung regulatorischer Vorgaben berücksichtigt.

Planung der Fernwärme- und -kälteinfrastruktur (DHC) 

Zukünftige DHC-Systeme mit niedrigeren Temperaturen, dezentralen Wärmepumpen, Abwärme und Speichern sind komplex in der Planung und im Design. Fragen zur Umstellung auf eine klimaneutrale Fernwärme- und Fernkältebereitstellung häufen sich auf Seiten der DHC-Betreiber. Daher wurden bereits eine Reihe von Planungswerkzeugen hierfür entwickelt bzw. erfolgreich angewandt und weitere sind aktuell in der Umsetzung. Neben der umfassenden und teils hochkomplexen techno-ökonomischen Modellierung von DHC-Systemen umfasst dies etwa die Kartierung und Analyse des Potenzials zukünftiger industrieller und gewerblicher Abwärmequellen.

 

Resilienz in der Energieversorgung punkto Klimafolgen

Neben dem Klimaschutz gewinnt auch die Klimawandelanpassung zunehmend an Bedeutung. Seit dem Jahr 2022 wurde jeder Sommer als der bis dato heißeste in der Geschichte Europas eingestuft und im Jahr 2024 war dies auch auf globaler Ebene der Fall. Im Sommer 2024 wurden ebenso mehrere europäische Länder, darunter auch Österreich, von extremen Wetterereignissen wie Gewittern, Überschwemmungen oder Hitzewellen (und damit verbundenen Waldbränden) heimgesucht. Diese Ereignisse werfen auch in der Energieversorgung Fragen zur Resilienz des Energiesystems und der entsprechenden Infrastruktur gegenüber solchen Wetterextremen auf. Analysen des AIT zeigen, dass zusätzliche Maßnahmen und Investitionen nötig sind, um die Resilienz des Stromsektors bzw. der Energieversorgung im Allgemeinen zu stärken und die Versorgungssicherheit angesichts des Klimawandels zu gewährleisten.

Aufbauend auf erfolgreich abgeschlossenen und laufenden Forschungsaktivitäten weitet das AIT die Forschung zu Klimaauswirkungen im Energiesektor, einschließlich der Infrastruktur, aus. Dies umfasst sowohl nationale als auch europäische Forschungsaktivitäten und Kooperationen. Unser Ziel sind umfassende systemische Analysen, die neueste Erkenntnisse aus der Klimamodellierung einbeziehen und unsere Techniken zur Bewertung der Resilienz des Energiesektors verbessern. Dazu gehören modellbasierte Untersuchungen zur Versorgungssicherheit, System-Adäquanz und zur erforderlichen Systemflexibilität, um Angebot und Nachfrage zu jedem Zeitpunkt in Einklang zu bringen, ebenso Ansätze zum Umgang mit Unsicherheiten auf diversen Ebenen (Klimafolgen, Energiemärkten, Geopolitik). Zudem erweitern wir unsere systemische Bewertung der Potenziale erneuerbarer Energieressourcen auf verschiedenen geografischen Ebenen, wobei Klimafolgen und die saisonale bzw. jährliche Variabilität durch den fortschreitenden Klimawandel berücksichtigt werden.

Im Projekt SECURES analysierte das AIT gemeinsam mit den Projektpartnern die Herausforderungen und Chancen, die sich für Österreichs zukünftiges Elektrizitätssystem ergeben, um eine zuverlässige, nachhaltige und kosteneffiziente Stromversorgung in Zeiten des Klimawandels zu sichern. Die Grundlage dafür lieferte eine detaillierte Klima- und Energiesystemmodellierung sowie ein intensiver Stakeholder-Dialog.

Modellierungstools, Schnittstellen und Datenbanken für die Energiesystemanalyse

Alle oben skizzierten Schwerpunkte erfordern Modellierungstools, die eine eingehende Analyse des Energiesystems und der entsprechenden Infrastruktur ermöglichen, unter Anwendung eines integrierten und ganzheitlichen Ansatzes, der die wachsende Komplexität in der Energieversorgung, -nachfrage und -speicherung widerspiegelt.  

IESopt (Integrated Energy System Optimisation) ist ein am AIT entwickelter zentraler Optimierungs-Framework zur Planung und Analyse integrierter Energiesysteme. Um die Verbreitung und Nutzung unseres Werkzeugs zu erleichtern, wurde der Quellcode des Basismodells Open Source verfügbar gemacht, vgl. https://github.com/ait-energy/IESopt.jl (IESopt core, verfasst in der Programmiersprache Julia) bzw. https://github.com/ait-energy/iesopt (Python Version) und erweiterte Modelldokumentationen sind für die Folgejahre geplant.  
Verschiedene groß- und kleinskalige Varianten von IESopt wurden entwickelt und erfolgreich in der Forschung und bei kommerziellen Aktivitäten angewandt, z. B. für den gesamten europäischen Strommarkt (IESopt-Europe), für lokale Fernwärme- und Fernkältenetze (IESopt-DHC) oder für Gas-/Wasserstoffmärkte und -infrastrukturen (IESopt-H2) auf verschiedenen geografischen Ebenen (global, europäisch, regional). (Gustav) 

Mit dem Simulationsframework TESCA hat AIT ein wegweisendes Python-basiertes Tool zur techno-ökonomischen Bewertung verschiedener Technologien entwickelt. Das Simulationsmodell TESCA wird oftmals gemeinsam mit dem Optimierungstool IESOpt angewandt, um die Wechselwirkungen der betrachteten Technologien mit der Systemebene im Detail zu erfassen

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