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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Österreichischer Quantenforscher Martin Suda referierte über Bausteine des Universums

03.05.2016
OVE-GIT und AIT luden zu einem Vortragsabend mit AIT Pionier für Quantenforschung Martin Suda

Am 30. März 2016 hielt der international anerkannte Quantenforscher Dr. Martin Suda auf Einladung der Gesellschaft für Informations- und Kommunikationstechnik (GIT) in der Galerie des Österreichischen Verbandes für Elektrotechnik in Wien einen Vortrag über aktuelle Themen, Herausforderungen und Potentiale der Quantenforschung. Dabei ging er auf die technischen Grundkonzepte des Quantencomputings sowie das große wirtschaftliche Potenzial der Quantenkryptografie und Österreichs führende Stellung in diesem intensiven Forschungswettbewerb ein.
 
Martin Suda promovierte 1974 bei Prof. Helmut Rauch und begann im Jahr darauf beim damaligen Austrian Research Center, dem heutigen AIT Austrian Institute of Technology, seine wissenschaftliche Berufskarriere. Als herausragender Physiker beschäftigte er sich in seinen frühen Berufsjahren mit Festkörper- und Flüssigkörper- sowie Atom- und medizinischer Physik. Auch Hydraulik und Computersimulation in der Physik zählten zu seinen Forschungsschwerpunkten.
 
Schon früh entdeckte Suda seine eigentliche Bestimmung als Quantenforscher. Mit seiner Passion für die Quantenwelt, die um 1900 mit Max Planck ihren Anfang nahm, weil die Erklärungsmodelle der deterministischen Physik an ihre Grenzen stießen, war Martin Suda nach Fertigstellung seiner Habilitationsschrift im Jahr 1996 einer der wesentlichen Konstrukteure beim frühen Aufbau einer Quantenforschungsgruppe am AIT. Seit 2011 widmet sich Suda vorrangig der quantenphysikalischen Nachwuchsausbildung in Österreich und ist als Dozent an der TU Wien tätig. Darüber hinaus ist Martin Suda Autor zahlreicher Publikationen auf den Gebieten der Computersimulation und der Quantenphysik.

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Angewandte Quantenforschung am AIT als Brücke zur Industrie
Das mit 11,4 Millionen Euro geförderte EU-Forschungsprojekt SECOQC („Development of a Global Network for Secure Communication Based on Quantum Cryptography“) markierte im April 2004 den Start einer Erfolgsgeschichte für die Quantenforschung am AIT. In dieser Europäischen Anstrengung wurde eine hundertprozentig abhörsichere Verschlüsselungstechnologie entwickelt, welche auf den physikalischen Effekten von optischen Quanten (Laser bzw. Lichtteilchen) beruht. 41 Partner aus 12 Ländern beteiligten sich an dem von AIT koordinierten Projekt, in dessen Rahmen die AIT QuantenforscherInnen um Martin Suda erstmals erfolgreich an der Umsetzung der ersten großen industriellen Anwendung einer Quantentechnologie arbeiteten.

Das Besondere dabei – diese neue Verschlüsselungstechnologie (quantum key distribution – QKD) basiert auf quantenphysikalischen Phänomenen. Optische Lichtteilchen (Quanten) können so verwendet werden, dass sie „kopiert“ und in verschiedenen Richtungen, z.B. über Glasfasern übertragen werden. Wie durch Zauberhand treten Manipulationen an einem der beiden Teilchen genau zeitgleich auch beim anderen Teilchen in exakt gleicher Weise auf, auch wenn große geografische Distanzen dazwischen liegen. Diese sogenannten „verschränkten Photonen“ können dazu genutzt werden, eine abhörsichere Verschlüsselung zu bauen. Denn – wird auf einer Seite ein Schlüssel abgehört, wird es auf der anderen Seite zeitgleich bemerkt. Dieser Umstand beruht auch auf einem anderen physikalischen Phänomen, der „Heisenberg’schen Unschärferelation“. Diese besagt, dass keine Messung einzelner Lichtteilchen gemacht werden kann, ohne das beobachtete Objekt zu verändern und damit die transportierte Information zu zerstören. Das Fazit? Quantenkryptografisch verschlüsselte Daten sind mit dieser neuen Verschlüsselungsmethode erstmals absolut abhörsicher.

Bereits im Oktober 2008 präsentierte das AIT gemeinsam mit dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter Prof. Anton Zeilinger den ersten Prototyp für ein handelsübliches Kommunikationsnetzwerk mit quantenkryptografischer Verschlüsselung. Die Innovation des quantenkryptografischen ersten Wiener Versuchsnetzwerkes wurde zudem in einer Sonderausgabe des renommierten „New Journal of Physics“ von 58 Autoren, davon 16 ExpertInnen des AIT, mit weltweit wissenschaftlichem Nachhall publiziert.

Weiters wurden die in Österreich entwickelten Ansätze der Quantenverschlüsselung im Oktober 2010 auf der "Updating Quantum Cryptography and Communications" Konferenz in Tokyo vorgestellt, in dessen Vorfeld AIT-ForscherInnen einen eigenen „Tokyo-Prototyp“ in enger Kooperation mit der Nihon University entwickelten.

AIT Quantentechnologien auf dem internationalen Markt
Die heutige Reputation des AIT hinsichtlich dessen weltweiter Forschungs- und Technologiekompetenz auf dem Gebiet der Quantenphysik wurde unbestreitbar und maßgeblich durch den Pionier und Visionär Dr. Martin Suda mitgeprägt. Aufbauend auf diesem Forschungserfolg und der internationalen Anerkennung in der Wissenschaft fokussierte sich das AIT auf Technologieentwicklungen in diesem Kontext, um konkrete Lösungen für die High-Tech Industrie anbieten zu können. Mittlerweile kann das AIT ein umfangreiches High-Tech Technologieportfolio vorweisen, wie beispielsweise jene spezielle Software zur Verschlüsselung mittels Quantenkryptografie, die heute der weltweiten Community als Open Source Software angeboten wird, oder spezielle Hardware-Entwicklungen wie z.B. den „Time to digital Converter“, mit dem es erstmals möglich ist, zeitliche Ereignisse im Pico-Sekundenbereich, dem Millionstel einer Sekunde, zu messen. Auch Einzelphotonendetektoren für die Messung einzelner Lichtteilchen oder photonisch integrierte Chip-Hardware werden am AIT entwickelt. Darüber hinaus arbeiten die ExpertInnen an der Integration von Quantenkanälen in existierende optische Netzwerke. Durch die AIT Technologien sind bereits mehrere österreichische Unternehmen mit neuen Produkten am Weltmarkt tätig: Roithner Lasertechnik GmbH, der führende österreichische Anbieter für Laseroptik und Optoelektronik aus Wien sowie an Laser Components GmbH aus München, einer der wichtigsten deutschen Anbieter für Komponenten rund um die Photonik. Auch Kooperationen mit wissenschaftlichen Institutionen aus z.B. Calgary, Paris, Madrid oder Bangkok unterstreichen die hohe Qualität und die Bedeutung der AIT Technologien in der internationalen wissenschaftlichen Community.

Die AIT Forschungsgruppe „Optical Quantum Technology“ unter der Leitung von Martin Stierle im Digital Safety & Security Department des AIT sieht für den Einsatz der Quantentechnologien künftig auch großes Potential in Bereichen wie z.B. der Biosensorik und in der Medizintechnik bzw. überall dort, wo es um den Nachweis kleinster Lichtmengen geht, wie z.B. in der Krebsforschung.

Durch die enge Verzahnung von Grundlagenforschung durch das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) und der industrienahen Quantenforschung im AIT über mehr als ein Jahrzehnt ist es heute gelungen, Wien und Österreich auf der Weltlandkarte für Quantentechnologien als international führend zu positionieren. „Nur durch das enge Zusammenspiel von Wissenschaft, Forschung und Industrie können wissenschaftliche Exzellenz und international führende High-Tech Entwicklung am Standort Österreich in konkrete Produkte umgesetzt und am internationalen Markt positioniert werden“, so Helmut Leopold, Head of Digital Safety & Security Department am AIT.

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